Guest krieger Posted August 17, 2006 Share #1 Posted August 17, 2006 Advertisement (gone after registration) (aus meiner persönlichen Sicht) Beim Weitwinkelobjektiv ist der Strahlengang zu den mittleren Bildteilen bedeutend kürzer als derjenige zu den Bildrändern. Es machen sich daher starke Randverzeichnungen bemerkbar, indem die Randpartien übermäßig ausgedehnt werden. Da sowohl der Weg der Lichtstrahlen vom Aufnahmeobjekt zum Objektiv als auch von diesem zur Bildebene bei ausgesprochenen Randstrahlen wesentlich länger ist als derjenige der mittleren Bildteile, zeigt sich bei Weitwinkelobjektiven ein spürbarer Lichtabfall von der Bildmitte zu den Rändern. Daher ist die Bildmitte gegenüber den Rändern stark überbelichtet, was man Vignitierung nennt. Man kann bei Weitwinkelobjektiven nicht das ganze Bildfeld ausnutzen, sondern nur einigermaßen gut ausgeleuchteten mittleren Teile. Für kurze Schnittweiten sind symmetrische Bauweisen ideal. Diese Objektive haben natürlicherweise auf der Objekt- und der Filmseite hin die gleichen Brennweiten. Diese Objektive besitzen eine geringe Verzeichung aber eine starke Vignitierung. Ihre Lichtstärke ist meist gering (5,6 bis 8). Die Vignitierung lässt sich durch Center-Filter einschränken. Das wohl berühmteste Weitwinkelobjektiv ist das Biogon 1:4,5/21mm von Carl Zeiss (Oberkochen), das im Oktober 1953 für die Contax vorgestellt wurde. Diese Objektiv galt und gilt auch heute noch als wahrer Meilenstein der Weitwinkelobjektive. Das 8-linsige (in 5 Gruppen) Objektiv ist nicht ganz symmetrisch, trotzdem ist es noch keine Retrofokuskonstruktion, die erst später erfunden wurde. Die Leistung des Biogons war so überzeugend, dass es von Privatleuten in Leica-Fassung umgebaut wurde. Übrigens wurden von Zeiss dann später Biogone mit einem Bildwinkel von 90° auch für andere Formate gerechnet. So gibt es ein Biogon 4,5/38mm für das 6x6, 4,5/45mm für das 6x7, 4,5/53mm für das 6x9 und 4,5/75 für das 9x12 cm² Format. Übrigens wurde die Lichtstärke des Biogons 21mm bei dem Contax D-System auf 2,8 erhöht. Es sei noch erwähnt, dass die Hasselbad 903 SWC ein festeingebautes Biogon 4,5/38mm aufweist. Angemerkt sei noch, dass die normalen Weitwinkelobjektive von Zeiss immer mit Biogon bezeichnet werden und die Weitwinkelretofocus-Konstruktionen mit Distagon. Das Biogon 21mm war in den Fünfziger Jahren eine Herausforderung für viele Objektivhersteller. Es gibt ein Minolta W-Rokkor 4/21mm (für SRT-Modelle mit zurückgeklapptem Spiegel + Sucher, Anfang ´70er Jahre) und ein Nikon Nikkor 4/21mm für die Nikon SP und die Nikon F (mit zurückgeklapptem Spiegel, 1959). Ich meine mich zu erinnern, dass es auch ein Olympus 21mm-Objektiv gibt. Natürlich schielte auch Leica auf das Biogon. Selbst konnte Leitz kein 21er entwickeln, dazu fehlte offensichtlich die Erfahrung. Daher wandte man sich an Schneider/Kreuznach. Diese Firma entwickelte für Leica-M das Super-Angulon(typische Schneider-Bezeichnung) 4/21mm im Jahre 1958 (ca. 7000 Stk). Dieses 9-linsige Objektiv ist sehr gut bei mittleren Blendenwerten, aber mit wenig Kontrast bei voller Öffnung. Das ebenfalls von Schneider entwickelte 8-linsige ebenfalls weitgehend symmetrische Super-Angulon 3,4/21mm hatte trotz der besseren Lichtstärke eine verbesserte Leistung bei offener Blende. Das ursprüngliche Objektiv kann an der M5 und CL nicht verwendet werden, da es sehr weit in den Kameraraum hineinreichte. Daher wurde spätere Exemplare zu deren Nutzung an M5 und Cl entsprechend mechanisch verändert. Das Objektiv wurde auch zur Nutzung für die erste Leicaflex (mit zurückgeklapptem Spiegel und externem Sucher) umgebaut. Da das aber so umständlich war, hat Schneider zur R eine 10-linsige Retrofocus-Konstruktion (1969)entwickelt, die aber nicht so gut war wie die normalen 21er, da man in dieser Zeit mit Retrofocuskonstruktionen noch keine großen Erfahrungen hatte. (Das erste Retrofocus-Objektiv ist übrigens das Flektogon 2,8/35mm von Carl Zeiss Jena für die Contax S) Die erste Leitz-eigene Konstruktion candischer Prägung war das 8-linsige Elmarit 2,8/21mm (1980), ebenfalls eine Retrofocus-Konstruktion. Dieses Objektiv war in jeder Beziehung hervorragend, es kann auch an der M5 und CL verwendet werden. Erst 1997 ist es durch das Elmarit 2,8/21mm asph gelungen, ein Leica-Objektiv vorzustellen, das dem legendären Biogon überlegen ist. Gruß Jochen Link to post Share on other sites More sharing options...
Advertisement Posted August 17, 2006 Posted August 17, 2006 Hi Guest krieger, Take a look here Für Technikfreaks: Die Geschichte der 21mm-Objektive. I'm sure you'll find what you were looking for!
alex_kraus Posted August 17, 2006 Share #2 Posted August 17, 2006 ....(Das erste Retrofocus-Objektiv ist übrigens das Flektogon 2,8/35mm von Carl Zeiss Jena für die Contax S)... Bist Du Dir sicher? Ich dachte Angenieux hätte die ersten Retrofokusobjektive entwickelt. Link to post Share on other sites More sharing options...
Guest krieger Posted August 17, 2006 Share #3 Posted August 17, 2006 Bist Du Dir sicher? Ich dachte Angenieux hätte die ersten Retrofokusobjektive entwickelt. Nach meinen Informationen war Zeiss Jena etwas früher. Wir hatten in der Zeit des kalten Krieges in Westdeutschland Vieles verteufelt, was im Osten gemacht wurde. Möglicherweise war uns daher der Gedanke sympathischer, dass eine französische Firma die ersten innovativen Ideen bezüglich Retrofokuskonstruktion hatte als eine Firma jenseits des eisernen Vorhangs. Jochen Link to post Share on other sites More sharing options...
hverheyen Posted August 17, 2006 Share #4 Posted August 17, 2006 Danke für die Ausführungen, sehr informativ. Link to post Share on other sites More sharing options...
k_g_wolf ✝ Posted August 17, 2006 Share #5 Posted August 17, 2006 Interessant ! Schöner Nachhilfeunterricht in Objektivgeschichte. M f G Link to post Share on other sites More sharing options...
starwatcher Posted August 17, 2006 Share #6 Posted August 17, 2006 Da schliess ich mich an, danke, Jochen! Gruss - Klaus Link to post Share on other sites More sharing options...
hartmutposaune Posted August 17, 2006 Share #7 Posted August 17, 2006 Advertisement (gone after registration) Damit habe ich heute doch wieder etwas dazugelernt. Danke für die interessante Zusammenstellung. Da 1997 das prächtige 21er auf den Markt kam, werden wir doch für die M8 auch noch ein "richtiges" Weitwinkel erwarten können. Bin schon sehr gespannt auf die Photokina. Gruß Hartmut Link to post Share on other sites More sharing options...
thowi Posted August 17, 2006 Share #8 Posted August 17, 2006 Hallo Jochen, interessant! Danke für den Beitrag. Nur gestatte mir bitte eine Anmerkung. Du sagst:"Selbst konnte Leitz kein 21´er entwickeln, dazu fehlte offensichtlich die Erfahrung." Wie wir fast alle wissen hat Leitz, und auch Leica, einige Optikdesigns bis heute von anderen Firmen, wie Zeiss, Schneider, Sigma und Minolta, hinzugekauft. Könnten hier, schon damals, auch wirtschaftliche Gründe mit im Spiel gewesen sein und man wollte damals schon Entwicklungskosten einsparen? Was nicht heissen soll, daß es nicht so war, wie Du schreibst. Immerhin war ein 21´er Ende der 50´er Jahre, und noch darüber hinaus, als Exot anzusehen, sowohl sicherlich von der Entwicklung- , als auch vom Vertrieb her. Als Standard im Weitwinkelbereich galt ja damals, und dies sollte noch einige Jahre Bestand haben, 35 mm Brennweite Beste Grüße Thomas Link to post Share on other sites More sharing options...
hös Posted August 17, 2006 Share #9 Posted August 17, 2006 Thomas, stimme dir zu, aber ich antworte aus Leicasicht erst, wenn ich meine Unterlagen rausgekramt habe. Hendrik Link to post Share on other sites More sharing options...
hös Posted August 17, 2006 Share #10 Posted August 17, 2006 Danke Jochen, sehr informativ. Einige Ergänzungen. Das erste Biogon für Contax gründet sich auf dem Miniature Plasmat. Entwickelt von Bertele als weitere WW-Ausbaustufe eines von ihm entwickelten Sonnar f=1.5, mit den Daten Biogon 2.7/35mm. D.Pat. 652.062, US-Pat. 2084.309, Brit.Pat. 459.739. Auf den Markt kam es für Contax 1934 als Biogon 2.8/35mm. Das 2. Biogon von 1951 für Contax baute auf dem Aviogon auf, f=25mm. Us.Pat.2721.499, Brit.Pat.719.162. Das erste Elmarit 2.8/21mm, die erste Leitzeigene Entwicklung unter der Nachfolge von Dr. Mandler hatte die Seriennummer2.993.700. Die vorherigen Super Angulone von Schneider gehen zurück auf eine alte Kooperation beider Firmen seit den 30èr Jahren. Es war also keine Frage des fehlenden Knowhows sondern eher eine Frage der Kosten und der daraus entstehenden Synenergie. Wie überhaupt in den frühen 80èr Jahren alle M-Objektive aus Canada kamen, da ab den 70èr Jahren Leitz Wetzlar das Aus für die M beschlossen hatte; es ist nur Dr. Mandler zu verdanken, das die M heute noch existiert. Grüße Hendrik 1991 - 99 Leiter des Leica Archivs/Museums Link to post Share on other sites More sharing options...
Guest uwe1 Posted August 17, 2006 Share #11 Posted August 17, 2006 Aus Leicasicht, harrharr! Dreimal :-) darfst Du raten, wem ich glauben würde, wenn jemand behaupten würde, die Welt sei ne Scheibe und Du darauf erwidertest, daß das nicht stimme :-) Link to post Share on other sites More sharing options...
k_g_wolf ✝ Posted August 17, 2006 Share #12 Posted August 17, 2006 War es nicht eher W. KLUCK der die LEICA-M-Produktion rettete und mit der M4-2 nach Kanada verlegte ? Sicher nicht ohne W. Mandler, der wie W. Kluck um den Objektivabsatz bangte der ohne LEICA M heftig reduziert worden wäre. W steht übrigens für Walter, deshalb gelegentlich auch >>Walter- works<< für LEITZ Canada. M f G Link to post Share on other sites More sharing options...
Guest krieger Posted August 17, 2006 Share #13 Posted August 17, 2006 @alle ich freue mich sehr, dass euch meine Zusammenstellung zu den 21mm-Objektiven gefällt. Könnten hier, schon damals, auch wirtschaftliche Gründe mit im Spiel gewesen sein und man wollte damals schon Entwicklungskosten einsparen? Hallo Thomas, ich glaube nicht, dass es wirtschaftliche Gründe waren, die dazu führten, dass man die Entwicklung des 21er der Firma Schneider/Kreuznach überließ. Immerhin kam das Super Angulon 4/21mm im Jahre 1958 auf den Markt. Zu der Zeit ging es Leitz noch blendend. Schwieriger wurde die Lage erst ab 1960, als Nikon mit der Nikon F in USA auf den Markt vordrang. Schauen wir uns doch einmal im Weitwinkelbereich am Ende der Fünfziger Jahre um. Was gab es denn damals von Leitz? Als 28er gab es das Summaron mit der Lichtstärke 5,6. Sicher war das kein schlechtes Objektiv, aber die Lichtstärke wies nicht auf ein Highlight hin. Auch in jüngerer Vergangenheit gibt es Beispiele dafür, dass Objektive gerechnet von den Wettbewerbern ins Programm aufgenommen wurden, da die Entwicklungsleute bei Leitz zu langsam waren oder auf bestimmten Gebieten keine Erfahrung hatten. Erinnert sei hier an die Vario-Objektive, an die sich Leica nicht herantraute. Das erste Vario-Objektiv, das von Leica entwickelt wurde (Kölsch), war das Vario-Apo-Elmarit-R 2,8/70-180mm (1995!). Nach meinen Informationen wurde auch das Super Elmarit-R 2,8/15mm (2002) von Schneider/Kreuznach ins Programm übernommen, weil die Leica Entwicklungsabteilung nichts Vergleichbares hinbekommen hatte. Hallo Hendrik, vielen Dank für deine Informationen, die ich noch nicht kannte. Dass Dr. Mandler für Leitz sehr wichtig war und dass er einen großen Anteil daran hat, dass die M4-2 (1978) und später die M4-P (1981) weitergebaut wurde, ist mir schon bekannt. Beste Grüße, Jochen Link to post Share on other sites More sharing options...
hös Posted August 17, 2006 Share #14 Posted August 17, 2006 Jochen danke zurück. Einige wollen aber scheinbar mal wieder F... ablassen. Noch eine kleine Info: 2 Prototypen des Elmarits konnte ich in Augenschein nehmen. 1993 in Midland, ein 2.7/21mm, grauoliv mit der Nr. 0000002, ca. 1978. 1995 im Kodak Museum/Rochester-USA ein silber verchromtes 2.6/21mm mit anderer Fassung und einem entsprechenden Sucher mit eingebauter Wasserwaage, Nr. 0123456, ca. 1977/78. Hasbroeck besitzt ein 3. mir bekanntes: 2.8/21mm, silber verchromt , rote Gravur, Nr. 0000477. Die Gläser kamen damals noch aus dem nicht mehr existierenden Glaslabor in Wetzlar Hg.2. Und das mit den beiden Waltern habe ich im alten Forum ausführlich vorgestellt. (Kannte den Optikwalter persönlich!) Hendrik Link to post Share on other sites More sharing options...
hös Posted August 17, 2006 Share #15 Posted August 17, 2006 Uwe, ich muß es leider sagen. Deine nicht gerade hilfreichen Kommentare zeugen nicht gerade von Leica Sachverstand. Link to post Share on other sites More sharing options...
gerd_heuser Posted August 17, 2006 Share #16 Posted August 17, 2006 Ein Statement von Hendrik kann ich bestätigen: Die außerordentlich enge Zusammenarbeit zwischen Ernst Leitz Wetzlar und Jos. Schneider Kreuznach. Das geht zurück bis in den Krieg, in dem die beiden Firmen bei Entwicklungen kooperierten. Ich weiß es aus erster Hand von meinem Vater. Die dritte Institution, die auch beteiligt war, war das Institut für wissenschaftliche Photographie in Frankfurt unter Prof. Max Seddig, wo an der Technik, voluminöse Gläser spannungsfrei zu schmelzen, erfolgreich gearbeitet wurde. Ihr dürft nach Max Seddig bei Interesse ruhig mal googlen, meinen Alten Herrn findet ihr auch gleich mit. :-) Ob es nun Arbeitsteilung war oder die Leitz-Werke zu inkompetent, ein 21er zu entwickeln überlasse ich eurer Phantasie! :-) Link to post Share on other sites More sharing options...
Guest Posted August 17, 2006 Share #17 Posted August 17, 2006 @Gerd, << "Die außerordentlich enge Zusammenarbeit zwischen Ernst Leitz Wetzlar und Jos. Schneider Kreuznach." >> ...hatte aber so enge Grenzen, dass es noch nicht einmal gelang, den Blendenring des Super-Angulon 4,0-21 der "Leica-Richtung" anzupassen: Er läuft anders herum. In hektischen Momenten nervt das. Immerhin konnte das Leica-Standart-Filtergewinde E 39 eingehalten werden. Gruß Hans-Bernd Link to post Share on other sites More sharing options...
hös Posted August 17, 2006 Share #18 Posted August 17, 2006 Hans.Bernd, Leitz hatte damals den Entwurf des Angulon abgelehnt, das es nicht "leitzgemäß" sei. Aber Kostengründe haben dies "scheinbar" verhindert. Es bleibt festzuhalten. Leitz wollte diese Objektiv, war jedoch mit der Ausführung nicht einverstanden. Wie auch immer. (Inside from the archive, heute aber alter Hut, also keine Geheimnisse aus den 60`er Jahren!) Hendrik Link to post Share on other sites More sharing options...
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