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Alte Fetzen - Kaukasus 1974


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So, weiter geht´s mit den "alten Fetzen"!

Diesmal Kaukasus - im Juli 1974 - so ca. 2 Wochen vor der Eiger N-Wand.

 

Ich zitiere teilweise aus meinem Bericht in den Grazer Alpenvereinsnachrichten.

 

Wir waren 15 Österreicher, die Gelegenheit hatten, im Rahmen des

sowjetisch-österr. Bergsteigeraustausches den Zentralkaukasus kennenzulernen.

Nach zweistündigem Flug von Wien nach Kiew waren wir noch zwei Tage mit der

Bahn und dem Bus unterwegs, bis wir unseren Bestimmungsort, das

Bergsteigerlager "Schchelda" erreichten.

 

 

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In den sowjetischen Bergen gibt es keine Schutzhütten wie bei uns in den Bergen.

(Stand 1974; ich weiss nicht ob es heute auch so ist.)

Alle Touren müssen deshalb besonders gut geplant und vorbereitet werden.

Da ausserdem die Dimensionen noch viel größer sind als in unseren Alpen,

ist man meist mehrere Tage unterwegs. Proviant, Zelt, Schlafsäcke, Bergausrüstung

und andere wichtige Dinge bringen das Rucksackgewicht leicht auf 20 bis 30 kg,

so dass jede Gipfelbesteigung einer kleinen Expedition gleicht.

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"Man trägt viel, weil man lange unterwegs ist - und man ist lange unterwegs, weil

man viel trägt."

 

 

 

 

Unsere Tour ging Richtung "Grünes Biwak", wo die Berge für kaukasische

Verhältnisse leicht und nicht so hoch sind - vergleichbar mit unserem Glocknergebiet.

Sie sind ideal für die Anpassung un Akklimatisation im Kaukasus.

 

 

 

 

 

In einer kleinen Senke in der Nähe des Dschan-Tugan-Passes hatten wir unsere

Zelte aufgeschlagen.

 

 

 

 

 

 

 

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An dem obligaten Rasttag, der jeder Tour folgt, bestanden wir auf die Besichtigung

des Maktes in Tscheget.Wollsachen, Obst und noch mehr ein Kiosk, an dem man

Getränke

kaufen konnte, erregten unsere Gemüter.

 

Karl, ein lustiger Bahnbeamter aus der DDR, der sich für zwei Stunden zu uns

gesellte und mit uns einige Lieder sang, wird uns unvergessen bleiben: sein

"Illjuscha, wirf die Kreissäge an, wir wollen das Gemeindebrot teilen!"

sorgte während der ganzen Kaukasusfahrt für Heiterkeit.

 

 

 

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Die Besteigung des 5633 m hohen Elbrus vermittelte uns unerwartet den Genuss

einer Wüstenfahrt. Aufwirbelnder Lavastaub und die glühende Nachmittagssonne

im unteren Teil des Aufstiegs bildeten einen extremen Gegensatz zum eiskalten

Sturm am nächsten Tag. Wegen einer akut gewordenen Sehnenreizung konnte

ich nicht einmal die 5000-m-Grenze erreichen.

 

 

 

 

 

Noch am gleichen Tag stiegen wir ins Tal ab, wo es dann zur "Revolte der

Österreicher" kam. Da es im Lager keine Möglichkeit gab, ein Getränk zu

kaufen und unser Durst nicht mehr zu bändigen war, wollten wir nicht ins Lager

zurückkehren, ohne ein Bier mitzunehmen. Erst noch einiger Zeit gelang es

Juri, dem Leiter der Alpinausbildung, eine ganze Kiste für uns zu organisieren.

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Die Krönung unseres Kaukasus-Aufenthaltes sollte die Überschreitung der

doppelgipfeligen Uschba bringen. Diese Fahrt ist mit dem 9. Grad der

zehnteiligen sowjetischen Schwierigkeitsskale bewertet. [stand 1974]

 

Auf dem Weg zum "Deutschen Biwak", dem Ausgangspunkt unserer Tour,

stellten wir zur freudigen Überraschung fest, dass wir nur die halbe Zeit

benötigten, die laut Routenbeschreibung angegeben ist. Dies war auch wohl

ein Ergebnis der stundenlagen Beratung mit meinem Freund Sigi, ob des

mitzunehmenden Gepäcks. Wir beschränkten uns nur auf das Notwendigste

und ließen sogar das Zelt und die Reservewäsche zurück.

 

 

 

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Die Nacht verbrachten wir angenehm auf einem geebneten Platz am Fuße des

Eisbruchs, der zum Uschba-Plateau hinaufzieht.

 

 

 

 

 

 

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Früh am nächsten Morgen brachen wir auf, querten zahlreiche Spalten und mussten

teilweise tollkühne Eisgebilde bezwingen, von denen man nicht wusste, ob sie unserem

Körpergewicht standhielten.

Walter, der Leiter unserer Gruppe, fiel bei einer heiklen Stelle vor mir in die Spalte,

konnte aber von uns rasch geborgen werden. Leider zog er sich beim Aufprall an

der Eiswand eine Rippenprellung zu und fiel für das Unternehmen aus.

 

 

 

 

 

 

Nach Sonnenaufgang: am Horizont der Doppelgipfel des Elbrus.

 

 

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Der gefährliche Eisbruch liegt hinter uns.

Im Hintergrund wieder der Elbrus.

 

 

 

 

 

 

Zu Mittag hielten wir Rast bei einem Hubschrauber, der zwei Tage zuvor am

Uschba-Plateau abgestürzt war. 10 bis 15 Meter weiter vorne und hinten bricht

das Gelände fast 1000 Meter - teilweise senkrecht - ab!

 

 

 

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Unsere Gedanken kreisten jedoch schon um die nächsten Hindernisse: zwei

Eiswände und ein langer Grat führen zum Nordgipfel. Das Blankeis, das sich

uns bot, bewältigten wir leichter, als wir gerechnet hatten.

 

 

 

 

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Rechts unten sieht man ein Zelt, welches bekannte russische Bergsteiger aufgeschlagen

hatten. Später erzählten sie, dass sie noch nie eine so große Gruppe in solcher

Geschwindigkeit aufsteigen gesehen hatten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Je höher wir kommen, desto schmaler und verwächteter wir der Grat.

 

 

 

 

 

Der Gipfelgrat war jedoch teilweise so schmal, dass wir einen Fuß links und den

anderen Fuß rechts des Grates aufsetzen mussten. Zu beiden Seiten brachen

die Wände über 1000 m ab. An einigen Stellen war der Grat so schmal und

filigran, dass der Pickelschaft auf der anderen Seite des Grates wieder

herausschaute, wenn man den Pickel schräg einstach. In so einem Fall muss

man den Partner genau im Auge behalten, denn im Fall eínes Sturzes, muss sich

der Sichernde blitzschnell auf der andere Seite des Grates hinunterwerfen, bevor sich

das Seil spannt - ansonsten sind Beide verloren!

 

 

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Am Abend erreichten wir den Nordgipfel und stiegen rasch in die Scharte zwischen

den beiden Gipfeln ab, um vor Einbruch der Dunkelheit einen Biwakplatz zu finden.

Auf einem kleinen Platz verbrachten wir, an Haken gebunden, die Nacht.

 

Überraschenderweise schliefen wir so gut, dass es uns viel Überwindung kostete,

am Morgen aus den warmen Schlafsäcken zu kriechen.

 

Die Bewältigung der mit Doppelwächten gespickten Scharte (zwischen den beiden

Gipfeln) stellte erneut hohe Anforderungen an unser Können, besonders aber an

unsere Nerven. Wieder die gleiche Sicherungsproblematik wie am Tag zuvor

am Grat vor dem Nordgipfel - diesmal aber durch die Wächten noch gefährlicher.

 

 

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Erleichtert erreichten wir den Beginn der Felsen, die zum Südgipfel leiten.

Der nun einsetzende Schneesturm erschwerte die ohnehin nicht leichte Kletterei.

Ein besonders schwieriges Stück machte mir durch den schweren Rucksack in

4700 m Höhe arg zu schaffen.

 

Doch bald darauf schüttelten wir uns am Südgipfel die Hände und verschnauften

ein wenig. Die Neugierde, was uns der Abstieg über die 2000 m hohe, äußerst

schwierige Schulze-Route bringen wird, lässt uns aber nicht lange verweilen.

Bald sind wir bei der ersten Abseilstelle und sehen in die Tiefe - nicht weit,

denn bald neigt sich der Fels ins Senkrechte und unten verhüllen Wolken

gnädig den Abgrund.

 

 

 

 

Mit mulmigem Gefühl lasse ich mich in die Tiefe gleiten. Das nasse Seil ist schwer

zu handhaben und der Rucksack drängt nach aussen. Ich pendle auf einen Absatz,

von dem es wieder in gleicher Weise abwärts geht. Oft noch schweben wir, frei hängend,

in den Abgrund, bevor und die untergehende Sonne zur Suche nach einem

geeigneten Biwakplatz treibt.

 

 

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Das Bewusstsein, morgen im Tal auf einer Wiese übernachten zu können, lässt

uns schlecht schlafen.

 

Steile Eisfelder und einige Felspassagen führen uns zur "Krawatte", von der laut

Führer eine Eisrinne zu einem Felsgrat hinaufführt. Lange rätseln wir um den

weiteren Abstieg, denn die Eisrinne uns gegenüber sieht im leichten Nebel

unmöglich aus. Erst als wir die Rinne von unten betrachten, sehen wir eine

Durchstiegsmöglichkeit.

 

 

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Dreizehnmal seilten wir uns noch jeweils 40 m ab, bis wir in leichteres Gelände

kamen, in dem wir noch 500 Höhenmeter abstiegen.

 

 

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Leutenden Auges schüttelten wir uns unten die Hände - der Berg hatte uns

entlassen. Nun folgte nur noch Gehgelände und nichts konnte uns mehr

erschüttern.

 

 

Beim Abstieg trafen wir noch eine Hirtenfamilie, die uns mit Milch und

Käse bewirtete.

 

 

 

 

 

 

Für mich wurde der 50 km lange Rückweg ins Lager zur Tortur.

Die Sehnenreizung wurde wieder akut und ich benötigte mit meinem Freund

Sigi, der bei mir blieb, 2 Tage - im Gegensatz zu den anderen Bergfreunden,

die den Rückweg in einem Tag schafften.

 

 

 

 

Unser letztes Biwak am Betscho-Pass wird uns nicht nur wegen des nächtlichen

Regens immer in Erinnerung bleiben, sondern auch wegen des Überschall-Knalls

zweier Militärflugzeuge. Im Halbschlaf glaubten wir nämlich, von Räubern

angegriffen zu werden (vor denen wir auch gewarnt wurden !!) - bis wir dann am

Fluggeräusch hörten, dass es doch Flugzeuge waren, die uns aufgeschreckt

haben. :D

 

 

So, das war´s - Ende der Geschichte!

Danke für´s Ansehen!

Edited by andrlik_mischa
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Guest JWB.

Beeindruckend.

 

Auch jenes, was Menschen so immer antreibt.

 

Für die Hirtenfamilie war der Kampf um´s Überleben wohl nicht so schnell zuende.

 

Für dich freut es mich, dass du heute davon erzählen kannst. Das zeugt davon, überlebt zu haben.

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...

Für dich freut es mich, dass du heute davon erzählen kannst. Das zeugt davon, überlebt zu haben.

 

 

Danke Johannes,

für uns, damals junge Bergsteiger, war es nicht schlimm. Wir suchten ja das

Abenteuer und wurden mit den Erlebnissen reich belohnt: an Erfahrung und

jetzt, älter werdend, an Erinnerungen.

 

Schönen Gruß - Mischa

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Danke Johannes,

für uns, damals junge Bergsteiger, war es nicht schlimm. Wir suchten ja das

Abenteuer und wurden mit den Erlebnissen reich belohnt: an Erfahrung und

jetzt, älter werdend, an Erinnerungen.

 

Schönen Gruß - Mischa

 

Ich kann gar nicht sagen, was mich mehr beeindruckt hat, die Eiger Nordwand oder der Kaukasus. Aber bei beiden Serien der alten Fetzen ist mir klar geworden, da steckt 'ne irrsinnige Leistung drin und der Wahn, solche Extremtouren anzugehen und vor allem durchzustehen.

 

Hut ab vor Dir, Mischa, einfach klasse.

 

... mit hohem Respekt,

 

 

Ferdl

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