Prosper Duprees Posted August 2, 2006 Share #1 Posted August 2, 2006 Advertisement (gone after registration) Leica prosperiert auch mit dem Tafelsilber, den Objektiven nicht, gleich ob analog oder digital draufgeschnallt, da Bildqualität vollkommen ersetzt ist durch Quantität und Rasanz. Drei Entwicklungen: 1. Pressedienste bedienen sich beim Amateur, der die Katastrophe vor Ort mit Handyknipse ablichtet, Bilddateien sofort ins Netz stellt, die der Redakteur praktisch simultan abruft und verwertet. Die Netzkunden sind sozusagen live dabei, liver geht es überhaupt nicht mehr. Wozu also noch einen Bildreporter mit Equipment und Spesenrechnung anreisen lassen, wenn man aus Tausenden von jpegs auswählen kann und eines wird schon dabei sein, das auch ein Fotokünstler nicht besser hinkriegen könnte, schon allein deshalb, weil er nicht vor Ort ist. Eine Leica brauchts hierfür nicht. 2. Jugend fotografiert nicht, sie knipst, mailt und löscht. Für die heute 20-jährigen ist ein Foto kein Foto, sondern eine visuelle Botschaft mit einer Halbwertszeit von fünf Sekunden, dann kommt schon das nächste herein, und all das ist ein momentaner Reiz, der im nächsten Moment vom nächsten Reiz überflügelt werden soll, immer im stream sein, immer online sein, das ist der hype, content jagt content, goil ist es und megagoil alles, was das ureigene Aufnahmevermögen so verdreht, als zöge man im flow überirdisch ungebremst und weit über Merkelscher Regierungskunst dahin. Hier das Bild des Fotografen heraufzubeschwören, der sich noch um Bildausschnitt, Motiv und Belichtung kümmert, der um jedes Bild mit sich ringt, der für ein Foto zwei Stunden braucht, weil er Positionen ausprobieren will, Aufnahmewinkel oder Sonnenstände: das ist so obsolet wie der Schnauferlfahrer, der Sonntags mit rotem Kennzeichen seinen Oldtimer ausfährt. Nett, aber unzurechnungsfähig. Eine Leica braucht diese Jugend nicht, lächerlich, sich mit einem DMR auf die Straße zu wagen. Le style de la vie sürpasses la vie en style. Auf deutsch : Jugend integriert und rezipiert Fotografie wie Tiefkühlkost, fertig zubereitet und beliebig austauschbar wie alle Beziehungsmodi, deren Fluktuation in Redundanz gründet. 3. Die Datenmengen nehmen so überhand, dass nur noch derjenige überlebt, der beständig neues Material anliefern kann, sozusagen ständig auf Sendung ist und sein Klientel blogweise zu bedienen imstande ist. Der Gelegenheitsfotograf und Sonntagsknipser hat keinerlei gesellschaftliche Relevanz, seine Erzeugnisse sind bedeutungslos. Das gleiche gilt für den Amateur, s/w oder color, der es nicht vermag, sich in den stream einzuklinken. Was heißt, dass Fotografie künftig nur noch im Verbund mit umfassender online-Präsenz funktionieren wird und hierfür ist Leica-Qualität so vonnöten, wie ein Pickel auf der Nase. Rot, aber fehl am Platz. Und das heißt auch, dass es die Art von Fotografie wie bisher gehandhabt, einschließlich ihrer Inhalte nicht mehr geben wird und es bedarf auch der Apparate hierzu nicht mehr. Digital ändert alles und das depperte Argument, digital wäre nur ein anderer Weg, Bilder aufzunehmen und zu verarbeiten, sozusagen analog, aber verbessert, gehört zu den billigen Täuschungsmanövern der Ahnungslosen, den Totengräbern der humanoiden Ablichtung. Im Supermarkt gibt es noch einen Anteil von genau 3 % an halbwegs natürlichen, also gewachsenen Nahrungsmitteln und das sind Obst und Gemüse. 97% haben einen industriellen Herstellungsprozess hinter sich. Diese 3 % werden die Schnauferlfotografen sein, die sich ihrer antiquierten Leidenschaft nicht entsagen können. Man wird sie belächeln und sagen: Spinner, aber harmlos. Link to post Share on other sites More sharing options...
Advertisement Posted August 2, 2006 Posted August 2, 2006 Hi Prosper Duprees, Take a look here Szenario 1. I'm sure you'll find what you were looking for!
hös Posted August 3, 2006 Share #2 Posted August 3, 2006 Sag mal Prosper, du hast ja fast die ganze Welt erklärt, mehr oder weniger. Ich blicke zwar bei vielen Sätzen nicht durch, und daher die Frage: Was ist dein ANLIEGEN? Leica ja oder nein? Hendrik Link to post Share on other sites More sharing options...
starwatcher Posted August 3, 2006 Share #3 Posted August 3, 2006 (modmodoff) tja, früher wurden noch richtige Bücher geschrieben. Heute meint mancher, sich mit 20 Internetzeilen im Literatenhimmel verewigen zu können. Zumindest teile ich mit Ihnen die Konklusion: Man wird sie belächeln und sagen: Spinner, aber harmlos. - Klaus Link to post Share on other sites More sharing options...
hverheyen Posted August 3, 2006 Share #4 Posted August 3, 2006 Na, ja, so verkehrt ist das wohl nicht. Irgendwie sehe ich es auch so und gleichzeitig sehe ich genau deswegen Die große Chance, mit guter Technik, guten Sehen und Umsetzen und guter Präsentation die klassische Fotografie (und damit meine ich nicht digital oder analog, sondern Trash oder Kunst) ggf zu neuen Höhenflügen zu verleiten. Meine Erfahrung liegt eher in der Erkenntnis, dass ich mir durch die Digiknipserei einerseits anderes Sehen, unbeschwertes Herangehen usw. anderseits bewussteren Umgang mit dem Medium Foto im Analogbereich aneignen konnte. Also hat für mich die Digitaltechnik auch und gerade den Analogbereich "befruchtet". Nun gilt es eigentlich nur noch, bewusst den Informationsmüll (auch Bilder, Filme), der täglich auf einen ein hämmert, VOR dem Kopf zu lassen und bewusst nicht hinzusehen. Link to post Share on other sites More sharing options...
starwatcher Posted August 3, 2006 Share #5 Posted August 3, 2006 Holger, stimme ich mit dir ja überein. Mein Punkt ist nur, dass, wenn ich zu dem Thema etwas lesen möchte, ich mir entsprechend gehaltvolle Literatur zulege. Ich versuche ja auch nicht, im Physikforum mit 20 Zeilen die gesellschaftspolitischen Konsequenzen der Quantenchromodynamik zu erklären Gruss - Klaus Link to post Share on other sites More sharing options...
Gerd K Posted August 3, 2006 Share #6 Posted August 3, 2006 Prosper? "Man wird sie belächeln und sagen: Spinner, aber harmlos". Grüßle Link to post Share on other sites More sharing options...
hverheyen Posted August 3, 2006 Share #7 Posted August 3, 2006 Advertisement (gone after registration) Holger, stimme ich mit dir ja überein. Mein Punkt ist nur, dass, wenn ich zu dem Thema etwas lesen möchte, ich mir entsprechend gehaltvolle Literatur zulege. Ich versuche ja auch nicht, im Physikforum mit 20 Zeilen die gesellschaftspolitischen Konsequenzen der Quantenchromodynamik zu erklären Gruss - Klaus OK, OK, nur hat in meinen Augen auch und gerade deswegen das Leica-Forum Profil gezeigt - neben allem technischen Sachverstand, der hier gebündelt auftaucht. Link to post Share on other sites More sharing options...
wizard Posted August 3, 2006 Share #8 Posted August 3, 2006 Ist das jetzt der "Wider die Saure-Gurken-Zeit" thread? Link to post Share on other sites More sharing options...
Guest messsucher Posted August 3, 2006 Share #9 Posted August 3, 2006 Ist das jetzt der "Wider die Saure-Gurken-Zeit" thread? Schlimmer! Link to post Share on other sites More sharing options...
krabat Posted August 3, 2006 Share #10 Posted August 3, 2006 Prosper hat die bemerkenswerte Eigenschaft, Dinge, die man in zwei, drei Sätzen sagen könnte, auf einen ganzen Text aufzublähen. Hey, Prosper, postest Du auch in einem Literatur-Forum??? Und, hilf mal bitte meinem Gedächtnis nach, wo kann man denn Bilder von Dir sehen? Gruß, Peter. Link to post Share on other sites More sharing options...
Guest smep Posted August 3, 2006 Share #11 Posted August 3, 2006 Prosper hat 100% recht. Wer in der Thomas Höpker Ausstellung war und das Video angesehen hat wird sich an die Aussage: "Die Zeit der grossen Fotoreportagen ist vorbei" erinnern. Der Bild-Leserreporter bekommt für einen Handy-Abschuss mehr Kohle als ein Bild-Fotograf. Link to post Share on other sites More sharing options...
modschiedler Posted August 3, 2006 Share #12 Posted August 3, 2006 Der Bild-Leserreporter bekommt für einen Handy-Abschuss mehr Kohle als ein Bild-Fotograf. Kann ja sein, aber das sind nicht die Bilder, die Bestand haben werden, und die Bild-Zeitung definiert trotz ihrer Ubiquität nicht den Stand der Bildkultur. Es hilft doch nicht weiter, wenn man jetzt hingeht und Auswüchse, die die Allgegenwart von Fotoapparaten aller Art mit sich bringt, zu einem allgemeinen (Verfalls)Trend stilisiert. Vielleicht müssen sich nur die Selektionskriterien ändern. Die Überfülle der Bilder trifft doch nicht auf eine plumpe Masse nur Konsumierender, sondern auf denkende Subjekte, die ihre eigenen Schlüsse ziehen. Und auch die Bild-Zeitung (die, man kann sonst von ihr halten, was man will, im Allgemeinen sehr streng Fakten prüft) wird irgendwann merken, dass sie sich mit dieser Methode selbst schadet. Link to post Share on other sites More sharing options...
hverheyen Posted August 3, 2006 Share #13 Posted August 3, 2006 .... Die Überfülle der Bilder trifft doch nicht auf eine plumpe Masse nur Konsumierender, sondern auf denkende Subjekte, die ihre eigenen Schlüsse ziehen. Und auch die Bild-Zeitung (die, man kann sonst von ihr halten, was man will, im Allgemeinen sehr streng Fakten prüft) wird irgendwann merken, dass sie sich mit dieser Methode selbst schadet. Bist Du sicher? Link to post Share on other sites More sharing options...
modschiedler Posted August 3, 2006 Share #14 Posted August 3, 2006 Bist Du sicher? Womit jetzt genau? Dass ich es bescheuert finde, aus der bloßen Tatsache, dass, wo viel ist, auch viel Müll dabei ist, zu schließen, früher war alles besser? Ja, da bin ich ganz sicher. Link to post Share on other sites More sharing options...
uulrich Posted August 3, 2006 Share #15 Posted August 3, 2006 Das Pausenzeichen des Bayrischen Rundfunks hat mehr Substanz als diese prosperierenden Duprees... Link to post Share on other sites More sharing options...
reprobit Posted August 3, 2006 Share #16 Posted August 3, 2006 Mir persönlich gefällt die Technik der Szenario-Betrachtung weil man dabei verschiedene Perspektiven einnehmen kann. Jedes Szenario entspricht ja nicht der WIRKLICHKEIT, sondern beschreibt beispielsweise durch deutlich negative oder auch positive Überzeichnung eine Entwicklung, die man erkennen oder vorhersehen möchte. Die Situation der klassischen analogen Fotografie ist durchaus vergleichbar mit der Situation der Malerei vor etwa 150 Jahren. Auch in dieser Zeit gab es ganz ähnliche Diskussionen in denen immer wieder Mediendiskussionen kontrovers verliefen oder sogar in Streit, Unverständnis oder im Ignorieren der jeweils anderen Seite endeten. Heute - rückblickend - wissen wir, dass die Fotografie wie selbstverständlich die Malerei in ihrer Funktion zur Wirklichkeitsabbildung fast vollständig abgelöst hat. Dadurch hat die Malerei einen ganz anderen Stellenwert erlangt, jedoch ihre Dominanz in der darstellenden Abbildung verloren. Die digitalen Werkzeuge verändern ähnlich radikal die Verwendung der klassischen Kameras. Kaum ein Journalist oder Publizist greift heute bei der Erstellung aktuellen Materials noch auf die analoge Fotografie zurück. Die Vorteile des neuen Mediums sind so vielschichtig und deutlich sichtbar. Für die breite Masse der DigitalKameraden ist die fast zeitgleiche Aufnahme und Übertragung von Stand- und wahlweise Bewegtbild möglich. Die Bilder können Ton und Text enthalten, auch versteckte Informationen wie GPS-Koordinaten und Kameradaten können Bildimmanent verpackt werden. Ähnlich wie damals sinkt der Aufwand ein Bild zu machen und es zu verbreiten ..... Nur zu verständlich ist, dass wir in der Anfangsphase immer wieder dazu neigen kritisch die Eigenschaften des neuen Mediums genau an den Parametern zu messen, die uns bei der analogen Fotografie allzu vertraut sind (also vergleichen wir Empfindlichkeit, Auflösung, Rauschen und vor allem die Ähnlichkeit in der Handhabung). Wer völlig neu anfängt mit dem Bildermachen wird sich jedoch eher vertraut machen mit den systemimmanenten Vorteilen des Mediums. Wird die Geschwindigkeit, die Flexibilität, die Transportierbarkeit der Bilder und deren praktisch unbegrenzte Anzahl anders nutzen, als jemand der versucht möglichst viele perfekte Bilder auf einen Kodachrome zu bannen. Ich hoffe dass sich die Fronten beruhigen. Lasst uns doch Rotmarder und Leica als gleichwertig nebeneinander sehen ....ebenso wie digital und analog. Link to post Share on other sites More sharing options...
hverheyen Posted August 3, 2006 Share #17 Posted August 3, 2006 ich habe Dich doch zitiert. Ich meine, die plumpe Masse ist in der Überzahl und dafür sind diese Bildchen und Informationen gemacht. Die plumpe Masse ist ja letztlich der zahlende Kunde. Die denkenden Subjekte richten leider immer weniger aus, da niemand mehr hinhört. Und das die Bildzeitung sich nicht gerade mit sachlicher, richtiger und verantwortlicher Recherche hervortut, muß man doch nicht betonen, oder? Link to post Share on other sites More sharing options...
modschiedler Posted August 3, 2006 Share #18 Posted August 3, 2006 Das Pausenzeichen des Bayrischen Rundfunks hat mehr Substanz als diese prosperierenden Duprees... Na, also DAS würde ich nun auch wieder nicht sagen, denn immerhin versucht da einer, sich (wortreich) über den Stellenwert und den Bedeutungswandel der Fotografie heute angesichts einer noch vor 15 Jahren unvorstellbaren Produktions-, Gebrauchs- und Rezeptionsweise von Bildern klar zu werden. Nur leider geschieht das auf die Weise, "digital" mit "Aldi" gleichzusetzen, eine Versuchung, der möglicherweise Leica-Liebhaber besonders ausgesetzt sind, ist es doch so, dass sie sich nicht selten die Haltung zu eigen gemacht haben, wie sie auch die Firma Leica selbst lange genug gepflegt hat: sich auf der ewigen Beschwörung eines Mythos auszuruhen. Ok, ok, das ist unfair, aber nur ein bisschen. Anfang der 60er glaubte Leitz, SLRs seien nur ein vorübergehendes, getrost zu ignorierendes Phänomen. Nun, der Siegeszug der SLR hat der fotografischen Kultur auch nicht geschadet. Link to post Share on other sites More sharing options...
krabat Posted August 3, 2006 Share #19 Posted August 3, 2006 Nee, Holger, das muß man wirklich nicht betonen. Schaut mal unter diesem Link: BILDblog Gruß, Peter. Link to post Share on other sites More sharing options...
modschiedler Posted August 3, 2006 Share #20 Posted August 3, 2006 Kann es sein, dass das ein ganz und gar antiquiertes Denkmodell ist, von dem gerichteten Massenmedium auszugehen, das auf eine uniforme Masse von Rezipienten trifft? Und genauso trifft es nicht zu, dass "massenhaft Bilder" heißt "massenhaft Niveauverfall". Ist alles eine Frage der Selektion. Wie in der Natur. Link to post Share on other sites More sharing options...
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