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Es begann eigentlich am 23. Dezember 1950 als Helmut nachmittags die letzten Umschläge mit 18x24 Blätter bestücken musste.
Das Jahr war lang und er hatte wenig Zeit für seine Freundin und seine Familie. Er wollte aber auf jeden Fall über die Weihnachtstage das alles nachholen und sich für alles Zeit nehmen. Seine NSU Max bedurfte auch der Pflege zumal er sie ja jeden Tag für die 2 x 35 km lange Fahrt zur Arbeit braucht. Er hatte sich auch vorgenommen mal wieder raus in Bergische zu fahren um die Schneebedeckte Landschaft zu fotografieren.
Seinen Job bei Agfa in Leverkusen mochte er, er hatte immer noch das leuchten in den Augen wenn er die anfallenden Routine Tests mach musste. Er liebte das satte warme Schwarz und die herrliche Anmutung der luftgetrockneten Oberfläche.
Ein Packung mit 10 Blättern gönnte er sich immer mal wieder und war dann stolz wie Prinz Eugen wenn er seine selbst angefertigten Prints im Freundeskreis zeigen konnte. Ursula war sein Lieblings Motiv. Sie waren jetzt ja auch schon seit Kriegsende zusammen. Zu jung für den Wehrdienst hatte er Glück die Zeit zu überlebt zu haben. Und dann ging es ja auch aufwärts mit der Wirtschaft.
Im neuen Jahr wollten sie heiraten und eine Familie gründen, die Vorbereitungen liefen schon. Ursula und seine Landschaften, manchmal auch ein Episode aus dem Alltag. Der Löffel aus dem Haus Großeltern bevor es abgebrannt war und auch die AGFA Clack die überlebt hatte.
Sein ganzer Stolz aber war die Rollei, die zweiäugige, mit der konnte er zaubern, sagte Ursula immer wenn sie die Quadrate sah. Er hatte das Auge für die Details und das Licht. Das Licht und die Schatten haben es ihm angetan.
Und dann das Brovira Papier, nur es war in der Lagen seine tiefen Schatten zu zeigen und in den Lichtern zu strahlen. Einmal hatte er den Moment erwischt als Ursula in die Morgen Sonne blinzelte, da war es das Strahlen der Augen untermalt mit dem tiefen Braun der Wimpern.
Er hatte noch den ganzen Mittag vor sich und genug Zeit für die Aufträge. Es brauchte keine Eile für das was er zu tun hatte und es durfte auch keine Eile brauchen, zu wertvoll waren seiner Meinung nach die Beschnitte.
Er war dafür verantwortlich, dass aus den großen Bögen die kleinen Formate geschnitten werden mussten. Exakt und rechtwinklig mussten sie sein und das ja kein einziger Fingerabdruck beim Verpacken auf dieses besondere Papier kam.
Für ihn war das mehr als nur eine Pflicht, für ihn war das eine fast heilige Handlung, er wollte das maximal Mögliche in den Packungen haben. Nicht nur, weil er es auch selbst so liebte, er wusste wie viel es denen bedeutet die es für den besonderen Moment aus der Packung nehmen und dann das Licht feingefiltert durch das Negativ die Oberfläche küssen lassen.
Zärtlich berühren durfte das Licht das Papier, am besten stark abgeblendet und dafür eine halbe Ewigkeit.
Er wollte nach Möglichkeit drei bis vier Blätter übrig haben, die konnte er zum halben Preis dann bekommen. So sammelte sich immer ein kleiner Vorrat an.
Aber heute war es wie verflixt. Die Testbelichtungen auf den ersten beiden Blättern zeigten wie üblich was er sich vorgestellt hatte und die Charge konnte zum Schneiden gehen. Es war wie das ganze Jahr auch schon ein wunderbares Papier. Der Jahrgang hatte es in sich, war besonders gelungen und konnte gut gelagert werden.
Als dann aber alles geschnitten war ging es auf, alle 500 Packungen konnten bestückt werden, kein einziges Blatt war übrig. Und jetzt kurz vor Weihnachten war auch kein weiterer Auftrag mehr zu erwarten.
Das war es also, Ende und Aus. Wenn also nicht jetzt, dann gab es keine Chance mehr. Er war sich sicher was heute noch über den Versand an den Handel geht ist spätestens Mitte Januar vergriffen.
Gut es gab dann wieder neue Packungen und Papiere, aber diese letzte Charge aus 1950 fand er war so besonders gelungen und wer weiß, vielleicht wiederholt sich das im neuen Jahr erstmal nicht so einfach.
Obwohl er seine Ersparnisse für die Weihnachtsgeschenke an Ursula und seine Familie schon ausgeben hatte gab er seinem Herz einen Ruck und legte die letzte Packung zur Seite um sie über den Werksverkauf zu erstehen.
Es war der Lohn einer halben Woche den er dafür zu bezahlen hatte, aber er war so verzaubert von dieser letzten Packung, dass er lieber auf das Feierabendbier verzichtete als die Packung zu verlieren.
Und je mehr er darüber nachdachte, desto klare wurde es ihm, diese 10 Blätter nimmt er nur für ganz besondere Bilder. Jedes Negativ würde er vorher auf kleinerem Format austesten, bevor er es auf 18x24 belichtet.
1951 im Frühjahr heiratete er und Ursula, dann wurde erst eine Wohnung gemietet, das erste Kind kam zur Welt. Dann wurde die Wohnung zu klein und das Reihenhaus gebaut.
Für die Dunkelkammerarbeit und die Fotografie war immer weniger Zeit. Ein paarmal noch stahl er sich die Zeit und versuchte sein Glück im verdunkelten Badezimmer. Er war aber nicht mehr damit zufrieden und wusste auch warum, sein Kopf war voll von anderen Dingen die so eine Familie mit sich bringt.
Dann verpackte er seine Schätze in Schachteln und lagerte sie kühl und trocken im Keller für später wenn er wieder einmal Zeit dafür hat.
Erst als seine Kinder das Haus ausräumten um es zu verkaufen kamen die Schätze wieder zum Vorschein. Aber niemand wusste so recht was damit anzufangen und so gelangte es zum Flohmarkt.
Die letzte Packung von 1950 mit den darin verbliebenen 5 18x24 Blättern und dem tiefsten Schwarz aller Fotopapiere wurde dann zusammen mit allerlei Krimskrams für 25,-- € verkauft.
Ich war der Glückliche, denn für mich war es der größte Schatz den ich heben konnte. Obwohl ich es zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, war da doch so eine bestimmte Ahnung.
Ich hütete das Papier weitere 15 Jahre, Helmut lebt schon lange nicht mehr und die Welt vergaß was damals auf Baryt gegossen wurde.
 Nur das Papier wartete geduldig auf den Tag an dem es erneut leuchten durfte.
Meine ersten Versuche auf 4x5“ endeten kläglich, es brauchte mehrere Anläufe und einige Niederschläge bis es soweit war.
Ian brachte mich auf die Idee mit dem Löffel und dem Ei, Ian ist aus England, daher Egg and Spoon.
Auf einem kleinen Flohmarkt unweit von zuhause fand ich dann den Suppenlöffel, genau wie Helmut damals, und dann das Licht im Spätsommer.
Zwischenzeitlich hatte ich gelernt wie man richtig belichtet und scharfstellt und konnte es wagen das Motiv auf 4x5“ zu belichten. Sicher würde dies digital schneller und einfacher gehen, aber wo bleibt der Zauber?
Die Arbeitsabzüge sahen gut aus und das regnerische Wetter am Sonntag brachte genügend Zeit und Muße sich intensiver mit dem Bild zu beschäftigen.
Jetzt war ich mir sicher es auf Baryt zu belichten und so viel mir dies Packung AGFA Brovira wieder ein. Noch hatte ich 3 und ein halbes Blatt. Genug also um es einzumessen und dann die Abzüge zu machen.
Nach drei Probebelichtungen war es dann soweit, 2017 Mitte August leuchtete das 1950 gegossene Papier erneut im Tageslicht.
Egg and Spoon No. 3
3 Abzüge / Unikate die nicht mehr zu erzeugen sind
 

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vor 9 Stunden schrieb martin:

Es begann eigentlich am 23. Dezember 1950 als Helmut nachmittags die letzten Umschläge mit 18x24 Blätter bestücken musste. ...

Schöne Geschichte. Ich hätte aber mit "Es war einmal ..." oder "Es begab sich aber zu der Zeit ...". begonnen.😄

Jedenfalls versuche ich mir gerade vorzustellen, wie es wohl dazu gekommen sein mag, dass sich diese Erzählung derart in das kollektive Gedächtnis der Kinder eingebrannt hat, dass sie diese nach Jahrzehnten in allen Einzelheiten abrufbereit haben, als wären sie selbst, die es zu der Zeit noch gar nicht gegeben hat, höchstpersönlich dabei gewesen.

Ich sehe da nur zwei Möglichkeiten:

Entweder, die arme Familie musste sich jahrzehntelang Weihnachten für Weihnachten unterm Tannenbaum statt der Weihnachtsgeschichte die Fotopapiergeschichte anhören, bevor die Geschenke ausgepackt werden durften oder aber die Papierverkäufer hatten einen Heidenspaß beim Ausdenken einer verkaufsfördernden Story.

OK, Vati könnte der Geschichte um den Erwerb und anschließenden Nieverbrauch der letzten Brovira-Packung 1950 auch ein eigenes Kapitel in seinen Memoiren gewidmet haben, aber das halte ich irgendwie für eher unwahrscheinlich.

Wie dem auch sei. Auf alle Fälle wurde da ganz, ganz fett aufgetragen, handelte es sich beim Brovira doch genau genommen um das Brot & Butter Papier von Agfa. 😉

Edited by Signor Rossi
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vor 6 Stunden schrieb benqui:

ich muß unbedingt mal wieder in die Duka!

Ich auch, sonst landet das Zeug irgendwann am Ende noch auf dem Flohmarkt. 😂

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vor 1 Stunde schrieb Signor Rossi:

Ich auch, sonst landet das Zeug irgendwann am Ende noch auf dem Flohmarkt. 😂

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Also mein präferiertes Pipier war eher Record Rapid .... in Neutol Wa oder Eukobrom, je nach dem .... Leider gibt es das nicht mehr, auch keine Reste, nicht von 1950 und auch nicht von 1980, aber die ehemals vollen Kartons stehen als Archivbehältnisse im Regal - immerhin. 

Edited by wpo
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vor 15 Stunden schrieb wpo:

die ehemals vollen Kartons stehen als Archivbehältnisse im Regal 

So mache ich es auch, wobei die Verwendung der schwarzen Papiertasche mir wichtig erscheint.

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vor 1 Stunde schrieb WSt:

So mache ich es auch, wobei die Verwendung der schwarzen Papiertasche mir wichtig erscheint.

Warum? Ich habe die seinerzeit (fälschlicherweise?) entsorgt. Die Abzüge / Vergrößerungen liegen meist nackt und bloß, teilweise aber auch auf Karton gezogen, in den alten Papierkartons. Zumindest bei den SchwarzWeiß-Vergrößerungen habe ich selbst bei den ältesten - und die sind inzwischen sicher 50 Jahre alt, weil in der Photo-AG der Schule entstanden - noch keine nachteiligen Veränderungen festgestellt. Bei den selbst erstellten Farbvergrößerungen auf AGFA PE aus den 1970er Jahren hingegen schon, aber ob das auf die Aufbewahrung in diesen Kartons zurückzuführen ist? Cibachrome-Vergrößerungen sind ebenfalls seit Mitte der 1980er in diesen Kartons  und bislang makellos. Kannst Du Deine Bedenken bitte erläutern? Hast Du vielleicht sogar entsprechende Erfahrungen?.

Die schwarzen Plastiktaschen der heutigen Ilford-Lieferungen halte ich jedenfalls nicht für eine Dauerunterbringung von Vergrößerungen geeignet. Auch wenn ich die Umkartons seit etlichen Jahren dazu nutze. In den großen 500Blatt-Kartons habe ich sogar große Teile meiner Negative in den - leider nicht mehr zu bekommenden - Falt- (Leporello-)taschen untergebracht. Aber die Weichmacher in den Plastikfolien der schwarzen Innentaschen würden mir Kopfzerbrechen machen.

Edited by wpo
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Die Verwendug der schwarzen Innenverpackung erschien mir immer wichtig einfach deshalb, weil sie häufig empfohlen wurde mit dem Argument, dass die Kartons nicht ausreichend säurefrei seien. Sicherheitshalber habe ich das auch geglaubt, zumal ein Hersteller (Maco-Rollei) für sich in der Werbung immer in Anspruch genommen hatte, dass diese schwarzen Kartons als einzige unbedenklich seien. Eigene, negative Erfahrungen habe ich weder mit der einen, noch mit der anderen Aufbewahrungsart gemacht. Und hätte ich sie, könnten Beeinflussungen natürlich auch auf viele andere Ursachen zurückzuführen sein.

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Am 5.3.2020 um 20:04 schrieb wpo:

Also mein präferiertes Pipier war eher Record Rapid

Ich bedaure, dass ich nie das Portriga Rapid probieren durfte.

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vor 21 Minuten schrieb Signor Rossi:

Ich bedaure, dass ich nie das Portriga Rapid probieren durfte.

Du würdest nachgerade in Tränen ausbrechen wenn Du Dir eines von den alten Musterheften der AGFA mit den probebelichteten Photopapieren anschauen könntest. Materialien gab es da ..... Leider leider sind die Zeiten unwiderruflich dahin und wir müssen mit den übriggebliebenen Brosamen zufrieden sein. 

Das Leben ist nicht nur hart, nein, es ist eines der schwersten überhaupt, zumal als Knipser ....

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Am 5.3.2020 um 18:19 schrieb Signor Rossi:

handelte es sich beim Brovira doch genau genommen um das Brot & Butter Papier von Agfa.

apropos Brovira - neulich hat mir jemand von seinem verstorbenen Vater ein paar Packungen Fotopapier geschenkt; leider sehr kleine Größen aber ich vermute dass es ohnehin nicht mehr zu gebrauchen ist.

Ich bin jetzt hellhörig geworden, nachdem das Brovira Papier hier so hervorgehoben wurde.

an der Verpackung konnte ich auch nicht erkenne, ob es sich um Baryt oder PE handelt.

 

 

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Das ist alles Baryt. Das PE hieß Brovira-Speed und hatte in der Bezeichnung als erste Ziffer eine 3 (Baryt = 1). Außerdem hing dann auch noch die Bezeichnung PE dran. 

Erwarte dir nicht zuviel. Selbst wenn es noch funktioniert. 

PS: Die beiden Packungen unten rechts sind interessant. 118/119 müsste für irgend eine geperlte oder gerasterte Oberfläche stehen. 

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vor einer Stunde schrieb Signor Rossi:

 

Die beiden Packungen unten rechts sind interessant. 118/119 müsste für irgend eine geperlte oder gerasterte Oberfläche stehen. 

Brovira 118: kartonstark, filigran, matt 

Brovira 119: kartonstark, filigran, glänzend

Naja, vergleichsweise strapazierfähig waren diese Oberflächen, aber mein Fall war das nicht. Portriga 111 dagegen oder auch 1, also papierstark, glänzend, möglichst mit echtem Hochglanz aus der Presse. Solche Tiefen und warmen Tonwerte muss man aus einem Tintenspritzer erst einmal herausholen. Vorbei .....

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Am 6.3.2020 um 20:12 schrieb Signor Rossi:

Ich bedaure, dass ich nie das Portriga Rapid probieren durfte.

Caro Signore, ich habe noch ein solches Agfa-Gevaert Musterheft, von dem wpo in # 15 spricht und muss  nun leider viel Wasser in den Wein gießen. Portriga-Rapid ist darin mit 111, 112, 113, 118 und 138 vertreten. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Du heute mit einem dieser Papiere zufrieden wärest. Alle sind warmtonig, fast schon chamois. Der Karton fomatone 131 ist deutlich weißer und macht insgesamt einen besseren Eindruck.

111: ein Hochglanz ohne jede Struktur

112: halbmatt

113: matt

118 und 138: pearl-ähnlich und 138 sehr gelblich.

Das ist meine eigene Beschreibung;  in dem Musterheft sind die Papiere nicht weiter qualifiziert.

 

 

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Portriga Rapid ist (war) in der Tat sehr warmtonig und damit nicht gerade für technische Aufnahmen und Architektur erste Wahl, klar. Aber speziell das 1 bzw. 111 konnte man durch die Wahl des Entwicklers gut beeinflussen. Daher schrieb ich oben von der Entwicklung in Neutol N oder WA oder aber beispielsweise in Eukobrom. Das von mir bevorzugte Record Rapid ging in ein ähnliche Richtung, wenngleich in seiner Ausprägung schwächer.

Edited by wpo
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