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Seit die kleinsten Bildelemente in unseren Kameras nicht mehr ungeordnet in einer Gelatineschicht umeinanderkugeln, sondern fein säuberlich aneinandergereiht stehen, sind allerlei Mythen um die Bedeutung des Pixelabstandes entstanden. So wird immer wieder fälschlich behauptet, größere Pixelzahlen, also kleinere Pixelgrößen und -abstände, würden – bei gleichem Aufnahmeformat – das Bildrauschen erhöhen, die Schärfentiefe verringern, die Verwacklungsempfindlichkeit erhöhen oder den Einfluß der Beugung an kleinen Blendenöffnungen verstärken. Tatsächlich aber hat die Pixelzahl bzw. der Pixelabstand eines Halbleiter-Bildwandlers nicht den geringsten Einfluß auf Rauschen, Schärfentiefe, Verwacklungsunschärfe oder Beugungsunschärfe. Der Verwacklungsempfindlichkeits-Mythos wurde hier im Forum schon vor einigen Monaten an dieser Stelle widerlegt. Hier und jetzt soll es um den Beugungsunschärfe-Mythos gehen. Dieser entzündet sich, ganz ähnlich wie der Verwacklungsempfindlichkeits-Mythos, an der naiven Modellvorstellung eines Beugungs-Streuscheibchens (Airy disk), das zentral auf ein Pixel fällt und die Bildschärfe nicht beeinträchtigen könne, solange sein Durchmesser kleiner sei als der Pixelabstand. Daher reagierten höher auflösende Sensoren angeblich empfindlicher auf Beugung als niedriger auflösende gleicher Größe und erlitten höhe Schärfeverluste, und deshalb dürfe man das Objektiv nicht so weit abblenden. Aber das ist Unsinn. Denn das vom Objektiv auf den Sensor projizierte Bild besteht aus einem Feld von unendlich vielen Streuscheibchen, die überall hin fallen, nicht nur auf die Mittelpunkte von Sensorelementen. Selbstverständlich können und werden auch solche Streuscheibchen, die kleiner sind als der Pixelabstand, auf mehrere Pixel fallen und dadurch die Bildschärfe beeinträchtigen: Der Durchmesser des hier blau dargestellten Streuscheibchens ist deutlich kleiner als der Pixelabstand. Aber weil es nicht zentral auf ein Pixel fällt, trifft es zwei nebeneinanderliegende Pixel zugleich ... und streift sogar noch zwei weitere. Wird die Sensorauflösung linear verdoppelt – also die Pixelzahl vervierfacht – so erhöht sich bei gleichbleibender Streuscheibchengröße natürlich der Anteil der Streuscheibchen, die mehr als ein Pixel treffen. Doch dafür ist zugleich die Fläche aller zugleich getroffenen Pixel zusammen stets kleiner als die Gesamtfläche mehrerer gleichzeitig getroffener großer Pixel des niedriger auflösenden Sensors. Diese zwei Effekte heben einander auf, und somit ist der durch die gegebene Beugung verursachte Schärfeverlust auf beiden Sensoren genau gleich: Zählt man die nur knapp gestreiften Pixel mit, so sind hier durch das gleiche Streuscheibchen wie oben insgesamt sechs kleine Pixel getroffen statt vier große. Doch die insgesamt getroffene Fläche der vier großen Pixel entspricht sechzehn der kleineren Pixel! Das heißt, auch in Gegenwart von Beugung erzeugt der höher auflösende Sensor immer das schärfere Bild. Und wie sieht das in der Praxis aus? Betrachten wir zwei Aufnahmen, die von zwei Vierdrittel-Sensoren stammen – einer mit 3,7 MP, der andere mit 20 MP – und mehrere Ausschnitte daraus. Zuerst das ganze Bild, es zeigt den Hof eines Autohändlers: Das rote Rähmchen markiert den im folgenden betrachteten Ausschnitt. Auf einem 24-Zoll-Monitor mit 1920 × 1200 Bildpunkten (94 ppi) betrachtet, entsprechen die Ausschnitte einer Vergrößerung des gesamten Bildes auf etwa 2 × 2,8 m. Als erstes sehen wir drei Aufnahmen vom 3,7-MP-Sensor, aufgenommen mit den Blenden f/5,6, f/11 und f/22 (in dieser Reihenfolge): Das verwendete Objektiv ist gut bis sehr gut, aber nicht exzellent; seine optimale Blende liegt bei etwa f/5,6. Besser als das erste Bild geht es also mit diesem Objektiv auf diesem Sensor nicht. Das zweite Bild, aufgenommen mit f/11, zeigt bei sehr genauem Hinsehen einen beugungsbedingt leicht herabgesetzten Kontrast. Und im dritten Bild, aufgenommen mit f/22, sind eine geringe Reduktion der Auflösung und eine stärkere Reduktion des Kontrastes schon recht deutlich zu erkennen – in dieser gigantischen Vergrößerung jedenfalls. Das gleiche Motiv mit demselben Objektiv und den gleichen Blenden f/5,6, f/11 und f/22 auf einem 20-MP-Sensor aufgenommen: Die Erhöhung der Pixelzahl auf das 5,5fache reduziert den Pixelabstand um den Faktor 2,35. Er beträgt nun 3,3 µm, beim niedriger auflösenden Sensor oben waren's noch 7,8 µm. Dementsprechend steigt der Detailreichtum deutlich an, selbst die Nummernschilder sind nun klar lesbar. Und was passiert mit der Beugung bzw. dem dadurch verursachten Schärfeverlust? Nun – ganz genau dasselbe wie vorher auch! Beim Abblenden über die optimale Blende f/5,6 hinaus um zwei Stufen auf f/11 ergibt sich ein minimaler, nur bei sehr genauem Hinsehen wahrnehmbarer Kontrastverlust. Bei weiterer Abblendung auf f/22 bemerkt man einen geringen Auflösungs- und einen vergleichsweise deutlichen (aber nicht katastrophalen) Kontrastverlust. Doch selbst bei kleinster Blende f/22 ist das 20-MP-Bild insgesamt immer noch weit besser und zeigt wesentlich mehr Details als das gleiche Bild bei 3,7 MP und f/5,6. Der etwas niedrigere Kontrast ließe sich durch einen kleinen Schubs am Kontrastregler in der Nachbearbeitung mühelos kompensieren. Die Behauptung, höher auflösende Sensoren erlitten höhere Verluste durch Beugung und man dürfe bei ihnen nicht so weit abblenden wie bei niedriger auflösenden Sensoren gleicher Größe, ist also kompletter Humbug. Der durch Beugung verursachte Schärfeverlust ist für gegebenes Aufnahmeformat immer der gleiche, unabhängig von der Pixelzahl. Und der höher auflösende Sensor liefert immer das detailreichere Bild, egal, bei welcher Blende.