Fotografieren wie im Jahr 1931

[Michel Ruck]

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Was denkt ihr, wie sollte man das angehen? Die Filme von damals gibt es nicht mehr, aber so annähernd sollte es doch machbar sein.

[Sonnelacht]

Ganz einfach: nimm den niedrigst empfindlichen Film, den Du auftreiben kannst, bestück damit eine Hockeyschläger Leica I und los geht's.
Kannst natürlich auch eine alte Box nehmen und die Kontaktprints dann aber bitte mit Büttenrand zuschneiden. Oder wie wär's mit einer alten Nettel Deckrullo in 13x18? Ist zwar schon etwas älter, sollte aber 1931 noch funktioniert haben. Ansonsten geht natürlich alles, was es auf den Flohmärkten an alten Faltern gibt und in die ein 120er Rollfilm passt...

Ob's Spaß macht und was Du Dir von dieser fotografischen Selbstkasteiung versprichst, steht auf einem andern Blatt. Und nicht vergessen: nach den möglichst zeitgenösischen Sujets suchen!

[Michel Ruck]

Am liebsten wäre mir die Leica II. Die gab es allerdings erst im Jahr 1932.

[Michel Ruck]

Gab es damals schon Belichtungsmesser? Wie funktionierten sie?

 

Ich denke, die meisten Fotografen haben früher die Belichtung geschätzt.

 

Edited January 13 by Michel Ruck

[M Street Photographer]

Hi, ich beschäftige mich seit mehr als 8 Jahren mit dem Thema, allerdings konzentriert auf die Asiatische Fotografie der 30 er und 40 er Jahre.

Als erstes würde ich Dir empfehlen, sofern nicht schon umfassend geschehen, das Du dich mit der Hardware auseinandersetzt. Im wesentlich gehören dazu genaueste Kenntnisse welche Objektive wurden verwendet und vor allem welche Brennweite. Das 2. wichtige Thema ist, welche Filme gab es damals, alle B&W, und was waren die spezifischen Eigenschaften. Drittes Thema : Papier und da wird es sehr schwierig an das oder ähnliches Papier zu kommen. Wenn Du authentisch sein willst, sollte auch gedruckt werden. Das Studium mittels Literatur ist m.M.n. unumgänglich. Auch zu wissen welche Perspektiven / Winkel angewandt wurden. Hilfreich kann hier Literatur der Film Noir sein, die Ende der 20 er bis in die 50 er Jahre großes Thema war. Auch in der Mediathek würde ich Dir zum Studium den Film von Fritz Lang empfehlen: M, Eine Stadt sucht einen Mörder.

Die Bearbeitung der Aufnahmen erfolgt sehr spärlich, mittels Software. Abgesoffene Tiefen, überstrahlte Lichter, werden fast nie korrigiert. Schärfe ist sekundär. Und je nach Film, mehr oder weniger kontrastreich.

Ich habe mich etwas anders ausgerichtet: Ich fotografiere digital, mit Objektiven aus der Zeit. Man kann auch digital fotografieren wie es damals gemacht wurde, M Modus, ISO fix, man. Fokus und mit einem passend zum Objektiv, optischen Aufstecksucher.  Filmsimulationen und eingescanntes Korn, gibt es als Software. Papier kaufe ich "altes".

Als Belichtungsmesser nehme ich einen Seelen Messer aus den Anfang 50 er. Ältere funktionierende habe ich bis jetzt nicht gefunden. 

Eine Herausforderung ist dann auf jeden fall die Motivwahl. Es ist peinlichst darauf zu achten, das keine Neuzeitlichen Dinge im Bild sind (Uhren, Handys, Kameras, Autos, Häuser...). Bei Kleidung wird es dann schon fast kriminell, Personen zu finden in historischer Kleidung. Da habe ich es etwas einfacher, da die Asiaten z.T. noch so wie damals, gekleidet sind.

Mein Ziel ist das Ergebnis: Nicht unterscheiden zu können, ob die Aufnahme heute oder vor 90 Jahren gemacht wurde.

[Sonnelacht]

Zum Belichtungsmesser: 1931 gab es optische Belichtungsmesser,  bei denen unterschiedlich dichte Graufenster eine davor platzierte Zahl sichtbar werden ließen. Die gerade noch gut sichtbare dunkelste Zahl war dann diejenige, die etwas über die vorherrschende Helligkeit aussagte und die dann noch mit der Filmempfindlichkeit in Bezug gesetzt werden musste, um zu einer Liste möglicher Zeit/Blenden Kombinationen zu kommen.

Der bekannteste Beli dieser Art war der Addiphot der Fa. H.C. Lange. Die FirmaLange war es dann auch, die mit Gossen den ersten deutschen Selenbelichtungsmesser entwickelten, dessen Photozelle das auftreffende Licht in einen der Intensität entsprechenden elektrischen Strom umwandelte. Dieser bewegte ein Drehspul-Zeigerinstrument, das über einer Skala angebracht worden war. Dieser "Ombrux" wurde ab 1933 von Gossen speziell für die Leica vermarktet, der Ombrux 2 spätestens ab 1939 universeller mit dem Werbeslogan "Warum der Ombrux 2 zu jeder Kamera gehört". Auszug aus der Bedienungsanleitung: "Die komplizierteste Kamera hat keine Geheimnisse mehr, wenn der Ombrux 2 dabei ist. Sie kann dann so einfach wie eine Box gehandhabt werden."

Wenn ich mal etwas Zeit habe, fotografiere ich Dir mal beide Typen inkl. der Original Gebrauchsanleitungen des Addiphot und des Ombrux 2. Stelle es dann aber eher in der Rubrik "Nicht immer Kaviar" ein.

Die frühen Regula King Kameras waren im Übrigen mit einem optischen Belichtungsmesser ausgestattet, der im Englischen "Extinction Meter" heißt.

Edited January 13 by Sonnelacht

[Al Brown]

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Einen 1931 Art Deco Meisterstück No.2 Beau-Brownie von Walter Dorwin Teague nehmen (zwischen 5 Farben wählen) und mit ISO 25 SW Rollfilm fotografieren.

[Panfoto]

Spannendes Thema und Projekt. Mich beschäftigen auch öfter alte Motive/Fotos. Manchmal finde ich solche Orte tatsächlich auch wieder. Wenn man sich Mühe gibt und ein bisschen Phantasie mitbringt ist man auch nicht zu sehr enttäuscht. Allerdings genauso fotografieren wie 1931 stelle ich mir äußerst schwierig vor. Vor einem Jahr war ich zufällig in Kaiserswerth und konnte dort ein Motiv von August Sander direkt am Rhein wiederfinden. Okay meine beiden Bilder sind eher Schnappschüsse. Im Kunstforum Kaiserswerth waren noch viele andere beeindruckende Bilder von August Sander zu sehen. Ich kann mir nicht vorstellen das man diese Motive heute so noch einmal fotografieren und auf Fotopapier bringen könnte. Selbst wenn die Windmühlen, Ortseinfahrten, Dorfkirchen etc. noch auffindbar sind. Heute stehen überall Abfalleimer, Infotafeln, Windkraftanlagen, Brücken. Unsere Zeit in 9 x 12 auf Glasplatte oder Planfilm …… das ist machbar und bestimmt genauso spannend. Die alte Plaubel 9 x 12 von meinem Großvater funktioniert noch.

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Edited January 13 by Panfoto

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Hallo,

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[Sonnelacht]

Stelle die Beli-Bilder doch erst mal hier ein:

 

Addiphot, massiv Bakelit!

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[Sonnelacht]

Und nun der Ombrux 2:

 

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[Michel Ruck]

2 hours ago, Sonnelacht said:

Stelle die Beli-Bilder doch erst mal hier ein:

 

Addiphot, massiv Bakelit!

 

Das Ding ist ja cool. Sowas kannte ich noch nicht. 

[Sonnelacht]

Gibt es sehr günstig bei ihbäh! Und die Bedienungsanleitung kannst Du Dir ja jetzt hier rauskopieren.

[Michel Ruck]

Ich habe darüber nachgedacht eine Zorki oder ähnliches zu kaufen. Die benötigen aber einen Werkstattaufenthalt. Es missfällt mir, in eine Billigkamera Geld reinzustecken.

 

Dann lieber eine Schraubleica. Die Auswahl ist bei den Leica III am größten. Die gibt es seit 1933. Das ist Okay, die Zahl 1931 ist nicht in Stein gemeißelt.

 

Zum Film: Ich würde einen ISO 400er nehmen und dann einen Graufilter verwenden. Vielleicht sogar mit pushen auf ISO 1600. Der Filter bringt dann die ISO auf den Wert 20. (Also Graufilter mit 6 Stufen. Hoffentlich gibt es sowas.)

 

Zum Belichtungsmesser: Keine Ahnung. Erst mal schätzen, aber das ist Murks. Vielleicht so einen Ombrux 2.

 

[B. Lichter]

Ist es denn wirklich sinnvoll, einen alten Belichtungsmesser zu nutzen, um womöglich Ergebnisse zu erzielen, die dessen Schwächen auf das Bild bannen?
Nimm eine Handy-App.

 

[Michel Ruck]

19 minutes ago, Michel Ruck said:

Zum Film: Ich würde einen ISO 400er nehmen und dann einen Graufilter verwenden. Vielleicht sogar mit pushen auf ISO 1600. Der Filter bringt dann die ISO auf den Wert 20. (Also Graufilter mit 6 Stufen. Hoffentlich gibt es sowas.)

 

Kann man überhaupt Filter an einem 5cm Elmar verwenden?

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[Michel Ruck]

35 minutes ago, B. Lichter said:

Ist es denn wirklich sinnvoll, einen alten Belichtungsmesser zu nutzen, um womöglich Ergebnisse zu erzielen, die dessen Schwächen auf das Bild bannen?
Nimm eine Handy-App.

 

Der Ombrux 2 ist nicht teuer und er lässt sich vorm Einsatz prüfen.

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[Sonnelacht]

Michel, Du wirst sicher kaum noch einen 80 bis 90 Jahre alten Selen-Belichtungsmesser finden, der überhaupt noch den Messzeiger in Bewegung setzt. Die sind alle tot und mit Sicherheit nicht mehr zu gebrauchen. Dann lieber den gezeigten Addiphot, die es zuhauf gibt und dessen Schwäche bloß in der Adaptionsfähigkeit Deines Auges liegt - wenn Du es denn schon historisch möglichst exakt haben willst.

Wegen der Zorki gebe ich Dir recht. Lohnt sich nicht, dafür teueres Servicegeld auszugeben. Aber sei Dir bewußt, dass Du auch keine richtig funktionierende Leica aus dieseer Zeit mehr bekommst. Die Verschlusstücher sind fast alle brüchig und speziell die kurzen Zeiten werden nicht mehr stimmen - ohne grundlegende Überholung sind die alten Schätze nicht für verlässliches Fotografieren geeeignet. (Solltest Du eine günstig bekommen, darfst Du mich gerne wegen einer guten, preiswerten Serviceadresse fragen.)

[Sonnelacht]

Und denk dran: die ersten Leicas hatten noch keine Wechselobjektive!

 

'Daher nochmal die Frage: Weshalb willst Du Dir all diese Beschränkungen antun? Deinen fotografischen Entwicklungsmöglichkeiten setzt Du dabei sehr enge Grenzen.

[M Street Photographer]

Ich verstehe die Idee des Projektes. Bevor Du Geld investierst, mach doch mal eine Zeit Fotos mit vorhandenen Equipment und reduziere es auf die damalige Zeit, in der Anwendung. Hast Du schon einmal über längere Zeit mit einer Kamera und einem Objektiv im M Modus mit fixer ISO fotografiert?

Wenn noch eine Analoge rum liegt bei Dir, besorge Dir 400 er  Filme und fotografiere erstmal eine gewisse Zeit damit, um ein praktisches Gefühl zu bekommen. Oder -

Filme gibt es doch noch mit ASA 40: https://www.ebay.de/itm/225338811886?hash=item34773d65ee:g:OCUAAOSwNnhhrNcG&amdata=enc%3AAQAHAAAAoHSVzIncMq1c2I1MNujTvICU6koECMtePEmd5NcafaBqXjbucU4sw8Ol6D9Z2VJfOh3BAhL%2FEQCHpWwUbU4Aqp7WIp859f2lcT%2Fk7Qgmgo0FRwj3DdNQVqhIQ99SsBaCvZXjekBcTK%2Fk0u%2FZ1DXd5OMRfMY%2FTfYvZ%2BBgMZZWH7QlktLjzR7pNTIUvikEtzXqpnPkCR%2BqDaq1HQ5AOVS79sk%3D|tkp%3ABk9SR7Crqdi1YQ

Ich würde jedenfalls kein Geld ohne Feldtest investieren. Verstehe mich jetzt Bitte nicht falsch: Ich habe das Gefühl das Du deine Idee zu romantisch siehst und Dir noch mehr Wissen aneignen solltest. 

[M Street Photographer]

vor 2 Stunden schrieb Sonnelacht:

Daher nochmal die Frage: Weshalb willst Du Dir all diese Beschränkungen antun? Deinen fotografischen Entwicklungsmöglichkeiten setzt Du dabei sehr enge Grenzen.

Erik Kim hatte auch mal so eine gewisse Phase und hat sie umgesetzt: 1 Jahr mit einer analogen Kamera und einem Objektiv fotografieren, das Handy dabei immer ausgeschaltet, keine Ablenkung, auch nicht durch Musik. Sein Ziel war es diese Erfahrungen in die Digitalfotografie zu übertragen. Aber viel ist dabei nicht raus gekommen. Im Grunde hätte er auch eine Digitale nehmen können, mit einem Objektiv, M Modus , fix ISO, kein Af. Wie weit sein Test ihn entschleunigt hat, ist nur oberflächlich bekannt. Er hat im laufe der Zeit damals sein ganzes Leben umgestellt, kein Luxus mehr, kleine Wohnung, wenig Kleidung, keine Besitztümer. Er ist ja gelernter Philosoph und zeigt einen gewissen Hang mit depressiven Ansätzen.

Daher pflichte ich Dir bei, eine extreme Beschränkung wird auch m.M.n. keine wesentlichen Erkenntnisse erzielen.