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Glaube, Liebe, Hoffnung


martin

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Glaube, Liebe, Hoffnung

Es war die Zeit vor der Dämonisierung, die Zeit in der alles seine Zeit brauchte und das Handwerk in all seiner Kunst dafür verantwortlich war.
Man glaubte und liebte sein Tun. Die Hoffnung allein hielt sie alle in der verschworenen Gemeinschaft.
Manch einer war schon von höherem Rang und geeignet die Kunst zu zelebrieren. Andere fürchteten sich davor und sahen einen speziellen Zauber der nötig war.
Ehrfürchtig brachte man seine Filme zum Fotoladen, glaubte alles richtig gemacht zu haben. Liebte seine Kamera und die glänzenden Objektive. 
In der Hoffnung bald möglichst die fertigen Resultate in 10x15 oder 13x18 in den Händen zu halten.
Anfangs dauerte das gerne mal 2 Wochen, später am Automaten war es nach einer Stunde schon verfügbar.
Nie aber war man sich sicher, ob die Ergebnisse dem entsprachen was in der Natur empfunden wurde.
Vivian hat nicht mehr die Zeit darauf zu warten, sie wollte einfach nur fotografieren, durch den Sucher schauen und die Momente für später festhalten. Die Zeit verging im Fluge und die Arbeit mit den Kindern lies ihr oft keine Zeit die Filme abzugeben.
Sie vertrauen in die Regeln die man ihr immer wieder erklärt hatte, Sunny 16 und andere Stoßgebete reichten ihr aus. Man erklärte Ihr der Film hätte genügend Spielraum und die Leute im Labor beherrschen ihr Handwerk.
Später nutze sie einen einfachen Belichtungsmesser, das reflektierte Licht war ihr Maß.
Im Glauben das der Zeiger an der richtigen Stelle stehen blieb, stellte sie die Kamera auf diese Werte ein. Woher sollte sie auch wissen das das Messgerät nur Grau will. Mittleres, einfaches ohne Kontraste Grau. 
18% von was auch immer. Ein Gesicht im Schatten gleich wie ein Blick in die Sonne. Eine Wand im kühlen Garten gleich wie ein gleisendes Schneefeld in der Mittagsonne.
Später dann war so ein Messsystem in der Kamera eingebaut, aber sie war keine Wissenschaftlerin und hatte mit Messsystemen nichts am Hut. Ihr Maßstab war der Wäscheberg. War der höher wie der Esstisch bedeutete das eine lange Nacht zum Waschen und noch eine zum Bügeln.
Findige Ingenieure bauten später dann Automatiken die das alles wussten und im professionellen Modus, P auf der Kamera, gleich neben dem Knopf zum draufdrücken, konnte sie nichts mehr falsch machen.
Mehr und mehr aber verschwanden die Handwerker. Das Labor war automatisiert und die Ergebnisse oft alles andere als befriedigend.
Vivian war das alles schon egal, sie lebt vor dieser Zeit. Dieser Zeit der Dämonisierung. Es hätte ihr aber eventuell gefallen. Nun konnte man gleich sehen was die Kamera wie von Zauberhand gemacht im Inneren festhielt. Ein kleines Plättchen enthielt alles was durch den Auslöser festgehalten wurde. Niemand ging mehr ins Labor und Bilder auf echtem Papier wurden zu Besonderheit.
Es war auch egal wieviel man festhalten wolle, nur die Batterien in der Kamera mussten geladen sein. Wo man früher Filme verstaute, hat man heute Ersatz Akkus. Die schlechtesten halten für 400 Bilder, andere für 10-mal so viel.
400 Bilder aber sind mehr wie 11 35mm Filme und dafür war man vor dieser Zeit gut gerne mal ein Jahr unterwegs.
Jedes einzelne hat man mit Bedacht zugelassen, hat man möglichst genau scharfgestellt und am Himmel die Wolken beobachtet, ob Sunny 16 taugt.
Um alleine 400 Bilder anzuschauen hat man ein ganzes Wochenende, möglichst ohne Wäscheberge, gebraucht.
Blättere ich in mein Fotoalbum aus den Kinderjahren, sind in 13 Jahren keine 200 Bilder nötig um mein Wachsen zu sehen.
Am Samstag kam sie an, meine fotografische Liebe, mein Glaube an die Vergangenheit und meine Hoffnung in die Zukunft.
Wenn auch nicht mit klassischem Objektiv, aber in perfekter Ausführung, Baujahr 1986.
Ihre Geschichte kenn ich nicht, ihr Aussehen aber lässt nichts Schlimmes vermuten. Ein bisschen Abrieb am Gehäuse vom Gurt, und das M6 Weiß ein wenig vergilbt. Das schwarze Gehäuse aber immer noch ein schönes schwarz und das Leder kein wenig abgegriffen.
Fast hatte ich vergessen wie klein sie damals waren und wie wertig sie sich anfühlen. Fast möchte man sagen schwer, der massive Metallquader.
Kühl wenn man ihn anfasst und handwarm nach der Auslösung.
Jetzt ist es auch wieder da, das zögerliche Auslösen, die verpassten Augenblicke mit der Katze. Sie ist zu schnell für den händischen Betrieb.
Aber jetzt, nach all den Jahren, hat der Zauber den es braucht um schöne Bilder zu bekommen, längst Einzug im Keller gefunden. Die Filme selbst einigermaßen zu beherrschen und unter dem Vergrößerer mit den Händen zu tanzen, den Zauber dann in der Entwicklerschale zu erleben.
Heute, bei all der Perfektion von quietschbunten Fotos auf den Bildschirmen, braucht es keine sterile und hyperkontrastreiche Abzüge. Ein Schatten so hell wie das zarte Grau zeigt seinen Wert im Sonnenlicht. Ein wenig daneben ist kein Weltuntergang mehr. 
Der leise Klick beim Ausatmen, bannt den Moment auf Film.
 

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ich habe gestern meine M6 ausgeführt, dh. auf den Berg mitgenommen, tolle Bilder gemacht und nach der 38igsten Auslösung festgestellt, dass zwar ein FP4 in der Kamera aber nicht richtig eingefädelt war ... es sollte halt nich sein 🙂

 

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vor 2 Stunden schrieb leitna:

ich habe gestern meine M6 ausgeführt, dh. auf den Berg mitgenommen, tolle Bilder gemacht und nach der 38igsten Auslösung festgestellt, dass zwar ein FP4 in der Kamera aber nicht richtig eingefädelt war ... es sollte halt nich sein 🙂

 

Du solltest häufiger die M 6 mitnehmen, damit Dein Daumen ein Gefühl für den Filmtransport bekommt. So etwas spürt man.

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vor einer Stunde schrieb Signor Rossi:

Das schreit förmlich nach literarischer Verarbeitung! 😁

Ja, da könnte man vielleicht einen Witz draus machen. Muss ich mal nachdenken.

Kennen Sie den schon :" Macht einer ' ne Bergtour und nimmt seine Kamera mit. 'Ne Leica natürlich. Kann er zwar nicht richtig mit umgehen weil ihm die Übung fehlt, aber ...

Schadenfreude läuft meistens. Ist für den betroffenen Menschen zwar zum heulen aber er hat das Gelächter auf seiner Seite. Ist doch auch was - glaubt der Witzeerzähler ....

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vor einer Stunde schrieb WSt:

Du solltest häufiger die M 6 mitnehmen, damit Dein Daumen ein Gefühl für den Filmtransport bekommt. So etwas spürt man.

ich nehme überwiegend die M6 und frage mich immer wieder: so eine tolle Kamera, hätte man das Filmeinlegen nicht anders lösen können ?

(es geht aber noch schlimmer: Plaubel Makina)

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vor einer Stunde schrieb wpo:

Ist für den betroffenen Menschen zwar zum heulen aber er hat das Gelächter auf seiner Seite.

deswegen habe ich ja darüber berichtet: ich wollte euch eine Freude machen. Mit einem Bild von der Bergtour konnte ich das nicht, weil keines auf dem Film war. Besser Schadenfreude als gar keine Freude 😉

... und für mich war's wirklich nicht schlimm (= keine bleibenden Schäden).

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