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am Ende des Tages


utopia

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Ein solches Kunstfoto lässt sich wohl nur "enträtseln", wenn man Bezüge zur Malerei herzustellen sucht. Auf den ersten Blick drängt sich ein Bogen, hin zum amerikanischen Realismus eines Edward Hopper auf, der in seiner Melancholie gut zu passen scheint. Irgendwie erinnert mich das Foto jedoch mehr an "Christina's World" von Andrew Wyeth. Die Einsamkeit des Menschen in der menschengemachten Welt und die daraus entstehende Unlust auf das Leben, kommen ohne Statik und eine gewisse Sterilität kaum aus. Wenn der Mensch die Natur nach seinem Gusto formt, so ist es wenig verwunderlich, dass die Un-Natürlichkeit, mit der er nun konfrontiert wird, Entfremdung und Einsamkeit nach sich zieht. Der Überfluss führt zu einer Isolation eines jeden einzelnen in-sich-selbst. Hopper, wie auch Wyeth wussten dies, und utopia weiß es wohl auch...

Edited by sinope73
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Das sehe ich ebenso. Normalerweise erwartet man bei einem Foto wie diesem - scharfer Mittelbereich - und entsprechendem Bildwinkel, dass der Hintergrund ebenso scharf abgebildet wird, dies ist aber nicht der Fall und macht das Foto für mich interessant, auch die Details - Haltung, Kleidung, Champagnerglas am Golfplatz sind politisch korrekt getroffen...

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Am 12.7.2019 um 02:20 schrieb sinope73:

Ein solches Kunstfoto lässt sich wohl nur "enträtseln", wenn man Bezüge zur Malerei herzustellen sucht....

Da hast Du was feines geschrieben und auch Interessant, wie Du dies alles herleitest und begründest. Mit der menschgemachten Welt kannst Du recht haben - ich tu mich aber schwer damit. Wenn ich z.B. an die Toskana denke, die für viele ein schönes Urlaubsziel ist, dann ist diese Welt doch nur menschgemacht -  durch und durch eine von Menschen geprägte Kulturlandschaft. Aber komischerweise würde man dann keine solchen Schlüsse wie du ziehen.

Aber ich bin mir nicht sicher, ob Bilder immer enträtselt werden müssen, da ich davon ausgehe, dass die Meisten hier uns gar keine Rätsel aufgegeben haben, sondern eine Bild einstellen, dass den Fotografen selbst gefällt. Interessant wäre natürlich, ob dies tatsächlich die Intention des Fotografen war uns Rätsel aufzugeben.

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Nun ja, ich meinte mit "enträtseln" eher so etwas wie übersetzen. Wenn die Bilder eine Sprache sprechen, so gilt es vielleicht, sich das Vokabular dieser Sprache anzueignen. Die ältesten Vokabeln dieser (Bild)sprache stammen nunmal aus der Malerei. Namen von Farben, Malstile, Malerschulen, können Wegweiser sein, um fotografierte Bilder zu entschlüsseln. 

Dies wäre ein Weg, der über die reine Technik des Fotografierens hinausführt. Eben deshalb fände ich das interessant, weil Bilder/Fotos damit nicht nur Selbstzweck oder "Kunst" wären, sondern Träger von Bedeutung für die Gegenwart.

Was ein Fotograf gesehen (und sich möglicherweise dabei gedacht) hat, finde ich wesentlich spannender, als technische Details, die für ein wirklich gutes Bild sowieso vorausgesetzt sind. Eventuell kann es aber auch notwendig sein, technische Regeln bewusst zu missachten, um eine bestimmte Aussage zu transportieren. Solange dies nicht zur Masche verkommt oder gar aus Unvermögen stammt, finde ich solche "Regelbrüche" hin und wieder sogar wichtig.

Die menschengemachte Beeinflussung der Natur ist wahrscheinlich mehr eine Frage von Intensität und schierer Masse. Wenn die Natur zum Reservat reduziert wird, fällt das unweigerlich auf das Leben der Menschen zurück und macht ihnen Probleme. Solches meine ich in diesem Bild entdecken zu können.

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vor 18 Stunden schrieb sinope73:

Die menschengemachte Beeinflussung der Natur ist wahrscheinlich mehr eine Frage von Intensität und schierer Masse. Wenn die Natur zum Reservat reduziert wird, fällt das unweigerlich auf das Leben der Menschen zurück und macht ihnen Probleme. Solches meine ich in diesem Bild entdecken zu können.

Mir erzählte einst ein Bekannter, daß ihm sein Arzt eine tägliche  Wanderung von 5km verordnet habe. Er war geradezu verzweifelt, weil er keine Lust hatte, alleine im Wald herumzulaufen. Dann habe ihn ein Kunde in einen Golfclub mitgeschleppt. Seither absolviert er dort 5x die Woche 10km und ist's zufrieden ...

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Ja, sehe ich auch so. Getreu dem guten alten Motto Günter Osterlohs sollte der Fotograf im Vor-photoshop-Zeitalter immer zwei Dynamitstangen dabei haben, um das Landschaftsbild beispielsweise von ungewünschten Hochspannungsmasten zu säubern.  Hier hätte schon das Beiseitestellen oder, einfaqcher noch, ein etwas anderer Bildwinkel genügt.

Unvorteilhaft finde ich auch, dass Sie ganz unzweideutig in die Ferne schaut, Er aber leider nicht genauso deutlich auf sein Handy oder Buch. Aber bei einer ungestellten Szene, wie es diese zu sein scheint, sind solche Feinheiten nicht immer steuerbar. Außerdem sehe ich jetzt schon die Beiträge: NEIIIN, das wäre viel zu steril, NEIIIIN, so wie's ist, ist es ja gerade perfekt...

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Vielleicht geht das Bild noch über den Titel hinaus. Es könnte auch das Ende von sehr viel mehr sein, womöglich das Ende der Beziehung, eine Fortsetzung der Einsamkeit, nur eben nicht mehr zu zweit.

Gerade steht die Zeit still, und man kann nicht erahnen, ob und wann sie sich wieder in Bewegung setzt.

Auch der Betrachter ist gezwungen, zu verharren und die bleierne Zeit auszuhalten, wie in einem Tarkovskij-Film.

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vor 19 Stunden schrieb halo:

Getreu dem guten alten Motto Günter Osterlohs sollte der Fotograf im Vor-photoshop-Zeitalter immer zwei Dynamitstangen dabei haben, um das Landschaftsbild beispielsweise von ungewünschten Hochspannungsmasten zu säubern.

Gut, die Tischgruppe hätte man hier aus dem Bild nehmen können (Wenn es die Umstände zugelassen hätten).

Aber grundsätzlich stempele ich weiterhin keine "Hochspannungsmasten" und dergleichen aus einem Landschaftsbild, wenn sie nun mal dort stehen. Wenn sie da sind ist es Realität. Ich kann ja auch einfach auf das Bild verzichten, wenn ich es nicht schön finde. Aber Fälschungen der Wirklichkeit. Nö. Geht im Film auch nicht.

(Gut, ich weiß, natürlich könnte man auch Film, oder Video nachträglich manipulieren. Ist aber bei 25 Bildern die Sekunde eine Heidenaufwand.)

Edited by greybear
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