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Berliner Luft


Shlomo

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Lieber Ronny,

eigentlich benehme ich mich ganz normal (eine Verhaltensweise, die jeder meiner Freunde kaltlächelnd sofort und nachdrücklich anzweifeln würde 😄) und frage z. B., ob sie deutsch oder englisch sprechen (mein Hebräisch ist mies, mein Französisch verlernt und mein Japanisch ist fantastischerweise gar nicht vorhanden), wie jemand, der nach dem Weg oder nach einer Sehenswürdigkeit fragt, ich denke, das schafft eine neutrale Grundstimmung. Danach bitte ich um ein Portrait, ich sage immer Portrait, um anzudeuten, das ich nicht nur jemanden abknipsen will, und zwar für mich, nicht für Insta, facebook o.ä., und das ich gerne das Bild maile oder auch ausdrucke. Tatsächlich sind die meisten Leute einverstanden, viele, auch offenkundig extrem attraktive Persönlichkeiten sind gerührt und werden sofort unsicher (was mich immer wieder verblüfft) aber, Ronny, ich schreibe das hier so, als würde ich den ganzen Tag nichts anderes machen, ich würde so verfahren, es gelingt jedoch selten. In Wahrheit bin ich immer wieder erstaunt, wie bereitwillig Leute sich fotografieren lassen. Das Problem ist: Du musst den Leuten sagen, was sie zu tun und zu lassen haben, der Mund, der Ausdruck, die Hände, usw., usw., denn ich bin festen Überzeugung, das auch die scheinbar natürlichste Pose tatsächlich das Ergebnis eines penibel - obsessiven Fotografen ist, die Kombination aus location, Attitüde und Voraussicht. Wie gesagt, ich selbst bin weit davon entfernt, das zu sein, denn ich habe keine Models oder Aufträge, es ist alles Zufall, von der Straße. Als ich einmal einem koreanischen Mädchen sagte, das sie ein schönes, ausdrucksvolles Gesicht habe, verlor sie augenblicklich die Fassung und sagte, diesen Satz habe sie noch nicht einmal von Ihrer Mutter gehört. 

Für mich ebenso so lohnend wie das Bild (wenn es denn ausnahmsweise gelingt) ist der Kontakt mit völlig Fremden, eine innerhalb weniger Minuten entstehende Intimität aus dem Nichts, eine objektiv gesehen beide Seiten überfordernde, wenngleich mitunter sehr schöne Situation.

So, jetzt habe ich hier schön abgelabert . . . . . Leute wie z. B. Sketch machen das auf jeden Fall routinierter und selbstbewusster als ich, er würde meine wortreiche Erklärung wahrscheinlich auch etwas belächeln 😉.

Ronny, the first cut is the deepest, mach mal und zeig her, am Ende wirst Du überrascht sein, wie neugierig mache Leute auf die Bilder sind - und wie dankbar, das sie angesprochen werden. 

Cheers und liebe Grüße, Shlomo.

Edited by Shlomo
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vor 2 Minuten schrieb Shlomo:

Danach bitte ich um ein Portrait, ich sage immer Portrait, um anzudeuten, das ich nicht nur jemanden abknipsen will, und zwar für mich, nicht für Insta, facebook o.ä., und das ich gerne das Bild maile oder auch ausdrucke. Tatsächlich sind die meisten Leute einverstanden, viele, auch offenkundig extrem attraktive Persönlichkeiten sind gerührt und werden sofort unsicher (was mich immer wieder verblüfft) aber, Ronny, ich schreibe das hier so, als würde ich den ganzen Tag nichts anderes machen, ich würde so verfahren, es gelingt jedoch selten. In Wahrheit bin ich immer wieder erstaunt, wie bereitwillig Leute sich fotografieren lassen. Das Problem ist: Du musst den Leuten sagen, was sie zu tun und zu lassen haben, der Mund, der Ausdruck, die Hände, usw., usw., denn ich bin festen Überzeugung, das auch die scheinbar natürlichste Pose tatsächlich das Ergebnis eines penibel - obsessiven Fotografen ist, die Kombination aus location, Attitüde und Voraussicht. Wie gesagt, ich selbst bin weit davon entfernt, das zu sein, denn ich habe keine Models oder Aufträge, es ist alles Zufall, von der Straße.
Als ich einmal einem koreanischen Mädchen sagte, das sie ein schönes, ausdrucksvolles Gesicht habe, verlor sie augenblicklich die 
Fassung und sagte, diesen Satz habe sie noch nicht einmal von Ihrer Mutter gehört. 

Danke. Ganz großes Kino!

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2 minutes ago, Hans-Peter said:

Ich find's ganz einfach bewundernswert. Aber du lebst ja auch in einer Stadt, in der es von Modellen nur so wimmelt. Man muss eben nur mit ihnen umgehen können. Du kannst es.

Danke ❤️

Liebe Grüße nach Hannover 😉

Edited by Shlomo
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7 minutes ago, lambda said:

Sehr schön shlomo, nur bei Sammy komm ich mit der Farbigkeit nicht klar.

Danke, lieber lambda! Das ist die Datei, sehr grünlich 🐸

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. . . . . werde mich mal mit anderer Tonlage zurückmelden.

LG, Shlomo

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Selbst auf den Bildern ohne Menschen sind diese nie ganz abwesend. Es gibt einen Blick, bei dem auch der Fotograf selbst immer irgendwie mitanwesend ist. So nehme ich die Bilder von Shlomo wahr. Ihre Kunstfertigkeit kommt nicht aus einer übertriebenen Gewolltheit, sondern aus einer tiefen Zugewandtheit, einem Beteiligtsein.

Keines der Bilder wirkt wie "schnell geknipst", sondern so, als nähme sich der Fotograf immer genau die Zeit, die eine Bildsituation jeweils braucht. Diese Zeit bleibt, wie ein Kontinuum und lässt auch den Betrachter in diesem angehaltenen Moment verweilen.

Dieses Talent finde ich genial. Während diese Eigenschaft an anderer Stelle überaus häufig ins Feld geführt wird, wo ich sie meist als abwesend empfinde, ist sie hier, still und ungezwungen, sehr präsent.

Letztlich vermute ich, dass diese Zugewandtheit beim Fotografen, wie auch beim Betrachter, weniger eine Geschmacksfrage, als vielmehr eine solche der Persönlichkeit ist.

Beim Betrachten der Bilder von Shlomo fühle ich mich gut, obwohl sie gar nicht "weichgespült" oder "gefällig" sind, doch sie zeigen eine Ehrlichkeit, die keine Verletzungen hinterlässt, und das macht sie so besonders.

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12 minutes ago, sinope73 said:

 

Sinope, ich danke Dir für Deine Worte und bin jetzt richtig stolz, die Weite und Tiefe Deiner Kreativität kann ich nur erahnen. Ich habe ein ähnliches Empfinden bei Deinen Bildern, so sind wir verbunden und begegnen uns immer wieder in unseren Bildern.

Alles Liebe, Shlomo.

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So, jetzt habe ich hier schön abgelabert . . . . . Leute wie z. B. Sketch machen das auf jeden Fall routinierter und selbstbewusster als ich, er würde meine wortreiche Erklärung wahrscheinlich auch etwas belächeln 😉.

Das war schon alles sehr gut erklärt Shlomo.

Ich belächle Dich nicht sondern verstehe ganz genau was Du meinst. Ob ich selbstbewußter an die Menschen herangehe das kann ich nicht sagen, es ist jedesmal aufs neu eine Herausforderung fremde Menschen auf der Straße um ein Bild zu bitten.

Neulich wollte eine Dame partout nicht, ich habe einfach nicht gedrängt und mich mit ihr gut unterhalten, es findet sich immer ein Thema, am Schluss bekam ich das Bild doch.

Das macht es aus, mir geht es gar nicht so sehr um das Bild, ob es gut wird oder nicht, mich interessieren einfach nur die Menschen und die Kamera ist ein gute Gelegenheit um mit ihnen ins Gespräch zu kommen, wenn ich dann am Ende eines bekomme um so besser.

Gruß aus Köln und weiterhin schöne Bilder und nette Begegnungen.

Rolf

Edited by Guest
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vor 15 Stunden schrieb Shlomo:

Lieber Ronny,

eigentlich benehme ich mich ganz normal (eine Verhaltensweise, die jeder meiner Freunde kaltlächelnd sofort und nachdrücklich anzweifeln würde 😄) und frage z. B., ob sie deutsch oder englisch sprechen (mein Hebräisch ist mies, mein Französisch verlernt und mein Japanisch ist fantastischerweise gar nicht vorhanden), wie jemand, der nach dem Weg oder nach einer Sehenswürdigkeit fragt, ich denke, das schafft eine neutrale Grundstimmung. Danach bitte ich um ein Portrait, ich sage immer Portrait, um anzudeuten, das ich nicht nur jemanden abknipsen will, und zwar für mich, nicht für Insta, facebook o.ä., und das ich gerne das Bild maile oder auch ausdrucke. Tatsächlich sind die meisten Leute einverstanden, viele, auch offenkundig extrem attraktive Persönlichkeiten sind gerührt und werden sofort unsicher (was mich immer wieder verblüfft) aber, Ronny, ich schreibe das hier so, als würde ich den ganzen Tag nichts anderes machen, ich würde so verfahren, es gelingt jedoch selten. In Wahrheit bin ich immer wieder erstaunt, wie bereitwillig Leute sich fotografieren lassen. Das Problem ist: Du musst den Leuten sagen, was sie zu tun und zu lassen haben, der Mund, der Ausdruck, die Hände, usw., usw., denn ich bin festen Überzeugung, das auch die scheinbar natürlichste Pose tatsächlich das Ergebnis eines penibel - obsessiven Fotografen ist, die Kombination aus location, Attitüde und Voraussicht. Wie gesagt, ich selbst bin weit davon entfernt, das zu sein, denn ich habe keine Models oder Aufträge, es ist alles Zufall, von der Straße. Als ich einmal einem koreanischen Mädchen sagte, das sie ein schönes, ausdrucksvolles Gesicht habe, verlor sie augenblicklich die Fassung und sagte, diesen Satz habe sie noch nicht einmal von Ihrer Mutter gehört. 

Für mich ebenso so lohnend wie das Bild (wenn es denn ausnahmsweise gelingt) ist der Kontakt mit völlig Fremden, eine innerhalb weniger Minuten entstehende Intimität aus dem Nichts, eine objektiv gesehen beide Seiten überfordernde, wenngleich mitunter sehr schöne Situation.

So, jetzt habe ich hier schön abgelabert . . . . . Leute wie z. B. Sketch machen das auf jeden Fall routinierter und selbstbewusster als ich, er würde meine wortreiche Erklärung wahrscheinlich auch etwas belächeln 😉.

Ronny, the first cut is the deepest, mach mal und zeig her, am Ende wirst Du überrascht sein, wie neugierig mache Leute auf die Bilder sind - und wie dankbar, das sie angesprochen werden. 

Cheers und liebe Grüße, Shlomo.

Lieber Shlomo,

herzlichen Dank dafür, dass Du mich und somit uns an Deiner Vorgehensweise teilhaben lässt, Menschen von der Straße um ein Foto zu bitten. Falsch, eben gerade nicht um ein Foto, sondern um ein Porträt! Neben der Sprache ist es zweifellos auch eine Frage der Energie, in der man die Menschen anspricht. Ich darf annehmen, dass dies bei Dir in der gleichen charmanten und einnehmenden Weise geschieht, in der Du schreibst. Somit ist es freilich nahezu ausgeschlossen, einen Korb zu bekommen.

Ich nehme mir auf jeden Fall vor, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit etwas mutiger zu sein und danke Dir sehr für Deine anspornenden Zeilen.

Ebenfalls liebe Grüße, Ronny

Edited by Romius
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Von Berlin nach Neve Tzedek - und zurück: the crew

M10, Summilux 24mm, SF 40

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Lietzenseepark, Berlin - Westend.

M10, Summilux 24mm.

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